Modern Money Theorie – die falsche Verheißung

Quelle: kjohnsonnz.blogspot.com

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Zur Einführung

Die Bezeichnung Modern Money Theorie – kurz MMT – kündigt eine umfassende Geldtheorie an. Tatsächlich aber stellt sich die in den USA beheimatete MMT eher als ein Baukasten diverser Hypothesen dar. MMTer reden von diesen Hypothesen als seien sie ihre eigenen ('MMT sagt…'; 'MMT zufolge…'[1]), aber das meiste davon kommt aus dem Postkeynesianismus und dem Circuitismus.

Einen ausdrücklichen Bezug stellt die MMT zum Chartalismus her. Der Ausdruck stammt aus dem Buch Staatliche Theorie des Geldes von G.Fr. Knapp (1905), hat als Vorläufer die britische Currency School des 19. Jhds und wurde in den 1930–50er Jahren u.a. vom deutschen Ordoliberalismus und von Keynes und Lerner weitergeführt. Dieser Lehrtradition zufolge ist das Geldsystem ein Geschöpf der staatlichen Rechtsordnung. Die Zahlungsmittel in nationaler Währung werden von der Zentralbank oder dem Finanzministerium eines Landes in Umlauf gebracht, oder durch ein öffentlich-privates Mischsystem – teils Zentralbankgeld (Bargeld, unbare Reserven), teils Bankengeld (Giralgeld) – unter Kontrolle, zumindest einem Kontrollanspruch, der Zentralbank oder anderer staatlicher Behörden. Aktuell fortgesetzt wird diese Tradition, die sich über den mittelalterlichen Thomismus bis Aristoteles zurückverfolgen lässt, von der Vollgeldtheorie.   

Die MMT firmiert als Neochartalismus, aber wie im folgenden erläutert, ist die MMT-Version der Sache höchst idiosynkratisch und stellt weniger Currencylehre und Vollgeldtheorie dar als vielmehr eine kaum verhohlene Affirmation der Banking School Doktrin (was für manche Spielart des Postkeynesianismus ebenso gilt). Etwas ähnliches ist zur MMT-Version der Keynesianischen Saldenmechanik zu sagen. Die aktuellen Repräsentanten dieses Ansatzes sehen die MMT-Version kritisch.[2]

Ein Vorteil des Eklektizismus ist seine Fähigkeit, sich umständehalber umzudeuten. Zum Beispiel beinhalteten die anfänglichen MMT-Schriften von Mosler und Wray keinerlei Elemente einer Geldsystemkritik und sahen daher auch keinerlei Anlass zu entsprechenden Reformen. Sie beschrieben das bestehende Giralgeldregime der Banken als eine fabelhafte Kredit- und Schuldenmaschine im Rahmen staatlicher Geldhoheit. Um eine Kredit- und Schuldenmaschine handelt es sich zweifellos, aber fabelhaft ist diese angesichts ihrer notorischen Instabilität und Krisenanfälligkeit nicht, und eher als dass sie sich der staatlichen Geldhoheit unterordnet, hat sie diese vielmehr weitgehend gekapert und ihren partikularen Finanzinteressen untergeordnet. Die  MMT aber spielt die systembestimmende Rolle des Bankensektors herunter und verteidigt damit faktisch das neofeudale Privileg der Erzeugung von Bankengeld (Giralgeld) bei der Auszahlung von Kredit in verbuchter oder verbriefter Form.

Als die Krise von 2008 sich hinzog und MMTern auch sonst Kritik entgegenschlug, reagierten sie, indem sie sich an Minsky's Hypothese der zyklischen Finanzinstabilität erinnerten und ihn als einen weiteren 'Vorvater' adoptierten. Auch sahen sie sich mit der Frage konfrontiert, warum – wenn angeblich doch staatliche Geldhoheit gegeben ist – es der staatlichen Zentralbank verboten ist, direkt zur Finanzierung des Staatshaushalts beizutragen, während das monetäre Hoheitsrecht der Geldschöpfung sehr weitgehend den Banken (Giralgeld) überlassen worden ist.

MMT-Autoren reagierten darauf mit der Zuspitzung ihrer These, Staatsverschuldung sei gleichbedeutend mit Geldschöpfung, wobei der Zentralbank die Rolle eines kooperierenden Regierungsorgans zugeschrieben wird, während die Banken, mehr im Hintergrund, als willige Helfer der Zentralbank und der Regierung erscheinen. Für die meisten Ökonomen, auch für heterodoxe, klingt das recht verquer – und ist typisch für das MMT-Muster, Theorien und Fakten in entstellender Weise zu re-interpretieren.

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MMT als Ableger des Postkeynesianismus

Generell lässt sich sagen, was an der MMT brauchbar ist, wurde aus dem Postkeynesia­nismus und dem Circuitismus übernommen, während jene Elemente, die das spezifische MMT-Profil ausmachen, weitgehend unhaltbar sind. Zu den hier als brauchbar betrachteten Lehren des Postkeynesianism gehören zum Beispiel

•   die Theorie der endogenen Geldschöpfung. Das Geld komme nicht von einer exogenen Quelle ('von außen') in die Wirtschaft hinein, sondern die endogene Wirtschaftsnachfrage nach Geld bewirke die Geldschöpfung, faktisch durch die Banken, verbunden mit

•   der These der akkommodierenden Refinanzierung der Banken durch die Zentralbank (sei dies in einer 'horizontalistischen' oder 'strukturalistischen' Version).[3] Dies bedeutet, dass die Zentralbank monetär bereitwillig auf die Tatsachen re-agiert, welche die Banken eines Währungsraums durch ihre Kreditierungs- und Investmenttätigkeiten pro-aktiv geschaffen haben. Die Zentralbank handelt dabei in erster Linie als 'Bank der Banken'. Sie unterstützt die Banken und indirekt auch Schattenbanken als 'lender of last resort' bei Normalbetrieb ebenso wie unter Krisenbedingungen.

Allerdings bedürfen auch diese im Prinzip brauchbaren Theorieelemente einer kritischen Klärung:

Die Unterscheidung zwischen endogenem Bankengeld und exogenem Zentralbankgeld (in Amerika, inside und outside money) ist vereinseitigt und überzogen. Historisch existierte 'exogenes' Geld in Form der Silber- und Goldwährungen. Unter den heutigen Bedingungen frei schöpfbaren Fiatgeldes aber ist auch Zentralbankgeld endogen. Denn genau wie die Banken reagieren auch die Zentralbanken auf die Nachfrage nach Geld. Tatsächlich tun die Zentralbanken das gegenüber den Banken heute viel bereitwilliger als die Banken gegenüber ihren Kunden, deren Nachfrage sie sehr selektiv und unter meist nicht sonderlich vorteilhaften Bedingungen nachkommen. Wenn man also Bankengeld (Giralgeld) als endogen ansieht, dann ist Zentralbankgeld ebenso endogen; und wenn man Zentralbankgeld als exogen betrachtet, muss das für Bankengeld ebenso gelten. 

'Die Wirtschaft' benötigt Geld und erzeugt eine entsprechende Nachfrage nach Geld, schöpft selbst aber kein Geld, das heißt, allgemein gebräuchliche Zahlungsmittel für alle Arten von Transaktionen. Nur die Banken und die Zentralbank tun das. Auch die sog. Schattenbanken schöpfen kein Geld. Jedoch beschleunigen sie die finanzwirtschaftliche Geldzirkulation und liefern beleihungsfähiges Kollateral, das zur Geldschöpfung dient.

Die meisten Postkeynesianer ebenso wie Ökonomen des Mainstream pflegen immer noch ein über-aggregiertes Verständnis der Geldnachfrage, ohne sich um deren genauere Zusammensetzung zu kümmern. Grundlegend fehlt es schon an einer Unterscheidung zwischen Finanzierungen, die zum BIP beitragen, und solchen, die es nicht tun, als würden die gesamte Geldschöpfung und alle nicht-monetären Finanzierungen in die Realwirtschaft fließen. Tatsächlich aber fließt heute das Gros aller Finanzierungen in nicht-BIP-wirksame Finanzierungen, vor allem in Immobilien, Aktien, Derivate, Firmenübernahmen u.ä. – ein Sachverhalt, der in der MMT nicht, im Postkeynesianismus selten thematisiert wird. Stattdessen diskutiert man lang und breit über Prozesse der Finanzialisierung, ohne jemals zu fragen, woher überhaupt das Geld kommt, das diese Finanzialisierung direkt und indirekt speist – als ob der Kredit sich vom Geld gelöst und verselbstständigt hätte. 

Geld – das Giralgeld der Banken sowie Zentralbankgeld in Form von Bargeld und Reserven – wird heute im Zusammenhang mit der Ausstellung von Kredit bzw eines Finanzinvestments geschaffen. Kredit von Banken an Nichtbanken wird in Giralgeld ausbezahlt (auf Verlangen auch in Bargeld). Kredit von Zentralbanken an Banken wird in Reserven ausbezahlt (auf Verlangen auch in Bargeld ausgeliefert).

Der Kredit stellt aber keinesfalls das Geld dar. Die heutige Buchungs- und Bilanzierungspraxis der Banken und Zentralbanken suggeriert die vermeintliche Identität von Geld und Kredit. Das ist jedoch irreführend.[4] Vielmehr sind der Kreditvertrag einerseits und die Auszahlung des Kreditbetrags in Form von Banken- oder Zentralbankgeld andererseits zwei verschiedene Vorgänge. Die Reserven und das Giralgeld werden dabei 'aus dem Nichts' in die Konten geschrieben, wie man bildlich aber doch zutreffend sagt, in dem Sinn, dass gleichsam 'freihändig' ein Zahlungsmittel in Umlauf gegeben wird, das es zuvor nicht gegeben hat, das also nirgendwo hergenommen wird, sondern im Akt der Auszahlung per Kontogutschrift erst geschaffen wird.

Die Kopplung der Schöpfung von Banken- und Zentralbankgeld an die Kreditausstellung dieser Institute wurde seit der Geldtheorie des Bankenkredits der 1890er Jahre systematisch dargelegt, führte aber im Lauf der Zeit zu einer gewohnheitsmäßigen Verkürzung ('Kreditgeld', 'Schuldengeld'). Die Theorie handelte sich damit eine Fehlleistung ein in Form des falschen Postulats der Identität von Geld und Kredit. Unter heutigen Makroökonomen ist das Denken in den Kategorien der falschen Identität von Geld und Kredit weit verbreitet, allen voran im Postkeynesianismus und der MMT.

Daraus folgt ein nicht nur für die MMT typisches, aber bei ihr extrem ausgeprägtes Verwirrspiel bzgl Geld und Kredit, Geldschöpfung und Kreditwirtschaft, und das zu unguter letzt auch hinsichtlich der vorsätzlichen Vermischung von monetären Zuständigkeiten der Zentralbank und fiskalischen Zuständigkeiten der Regierung.

Infolge der falschen Identität von Geld und Kredit bestreiten viele Postkeynesianer und die meisten MMTer die Möglichkeit eines schuldenfrei in Umlauf gebrachten Vollgelds. Bei manchen von ihnen beinhaltet dies eine geradezu kämpferische Inschutznahme des Giralgeldprivilegs der Banken.[5] In Anbetracht des Anspruchs der betreffenden Postkeynesianer und MMTer, für ein chartales Geldsystem, also für die staatliche Geldhoheit einzutreten, ist dies geradezu grotesk, bedeutet es doch faktisch eine Verteidigung dessen, was sie angeblich in Frage stellen, nämlich Banking School Doktrin, die Effizienzmarkthypothese der Finanzmärkte, und überhaupt den heutigen Finanzmarktkapitalismus.

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MMT-spezifische Postulate

Im weiteren wird nun auf jene Hypothesen eingegangen, die das spezifische MMT-Profil ausmachen.

Postulat #1 – Sektorale Bilanzen gleichen einander aus (Saldenmechanik). Sektorale Ungleichgewichte seien daher kein echtes Problem   

Ein wichtiger Baustein im MMT-Baukasten ist die sektorale Saldenmechanik nach Godley/Lavoie.[6] Es gibt dabei zwei Sektoren, den öffentlichen und den privaten Sektor, und falls es sich nicht vermeiden lässt, die Außenwirtschaft (im Unterschied zur nationalen Binnenwirtschaft) als den dritten Sektor. Diese Sektoren bilden die Grundkategorien einer Art von makroökonomischer doppelter Buchführung der sektoralen Bestände (stocks). Der Vergleich aufeinander folgender Bilanzen zeigt aggregierte Bestandsveränderungen (flow analysis). Was nicht innerhalb eines der drei Sektoren umgebucht wird, sondern aus diesem abfließt, ist ein Zufluss in einen der beiden anderen Sektoren.

Die Sektoren können und sollten untergliedert werden, zum Beispiel, in monetäre Institute, nicht-monetäre Finanzinstitute, fiskalische Organe und öffentliche Haushalte, und andere realwirtschaftliche Gruppen, insb. Unternehmen und private Haushalte.[7]

Bei Godley/Lavoie gibt es solche Untergliederungen. Die MMT beansprucht, solche bei Bedarf ebenfalls vorzunehmen, tut es aber nicht. Das Ergebnis ist, wenn MMTer von 'the government' sprechen, es unklar bleibt, wer oder was gemeint ist – das Regierungskabinett oder das President's Office, das U.S. Treasury (Finanzministerium), Senat und Repräsentantenhaus, oder die Federal Reserve (Zentralbank der USA). Alle solche Organe unter öffentlichem Recht werden unterschiedslos unter die Kategorie 'Regierung' oder 'öffentlicher Sektor' subsumiert. Man kann dann rätseln, welche Institution im einzelnen gemeint ist – oder im Sinn der MMT annehmen, es sei letztlich egal wer gemeint ist. Es ist die erklärte Absicht der MMT, monetär-kreditäre und fiskalische Funktionen zu verschmelzen (creditary-fiscal synthesis). Dabei ist diese Unterscheidung – nicht nur als begriffliche, sondern als reale Gewaltenteilung – unerlässlich für die weitere Entwicklung des freiheitlichen und demokratischen Rechtstaats, nicht zuletzt auch für sinnvolle Analysen und Konzepte der Geld-, Fiskal- und Finanzpolitik.

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Postulat  #2 – Die Regierung erzeugt Geld in Form von Staatsanleihen

Die Leser wird es nun nicht mehr überraschen, dass es MMT zufolge 'die Regierung' ist, die 'Geld schöpft', wenn sie Staatsschuldenpapiere begibt in Form von U.S. Treasury bills und bonds oder in Form von Pfandbriefen der staatlichen U.S. Hypotheken­finanzierer. Wörtlich genommen ist das schlicht falsch. Die heutigen Finanzministerien bringen kein Geld in Umlauf (außer ggf die Münzen, die aber nur noch weniger als 1% der Geldmenge M1 ausmachen).

Was jedoch wirklich geschieht, ist folgendes: Wenn das Finanzministerium oder die staatlichen Hypothekenfinanzierer Wertpapiere emittieren, erhöht sich damit i.d.R. die Geldnachfrage. Dies wiederum, wenn voluminös genug, bewirkt eine zusätzliche Geldschöpfung durch Banken (Giralgeld) und Zentralbank (Reserven, zum geringen Teil in Bargeld ausgewechselt).[8]

Das befindet sich in Übereinstimmung mit der Theorie endogener Geldschöpfung, wenn man die staatliche Nachfrage nach Geld als eine Komponente der Geldnachfrage ansieht ebenso wie die Nachfrage von nicht-monetären Finanzinstituten, Unternehmen und privaten Haushalten. Das ist sachgerecht und durchaus üblich, zum Beispiel bzgl der Debatte, ob die staatliche Nachfrage nach Geld, aufgrund ihres normalerweise höheren Ratings, die private Geldnachfrage strukturell schlechter stellt. MMT aber sieht staatliche Organe nicht als Geldnachfrager unter anderen, sondern beharrt darauf, dass die Regierung das Geld schöpft, wenn sie Anleihen begibt.

Auf den zweiten Blick wird deutlicher, dass es selbst für die MMT im genaueren die Federal Reserve ist, die das Geld schöpft, gleichsam in Tandem mit dem U.S. Treasury. Es wird unterstellt, dass die Zentralbank die Staatsanleihen und andere öffentliche Schuldenpapiere aufkauft, und zwar von Banken und anderen Finanzinstituten, also indirekt, da es der Federal Reserve auch in den USA vorderhand verboten ist, Staatsschuldenpapiere den emittierenden Stellen direkt abzukaufen. Die Banken erscheinen in dieser Konstruktion als reine Zwischenhändler und bleiben ansonsten seltsam abwesend, als sei die Geldschöpfung ausschließlich eine Angelegenheit zwischen Regierung/Finanzministerium und Zentralbank. Das wird nicht ausdrücklich so gesagt, aber doch so suggeriert. Die Rolle der Banken und der Großfinanz bleibt in der MMT generell unterbelichtet.  

Würde die MMT-Darstellung der Sache stimmen, müssten die Staatsschulden einerseits und die staatlich emittierten Wertpapiere im Besitz der Zentralbank andererseits einander entsprechen. Das ist nicht der Fall. Die öffentlichen Wertpapiere im Besitz der Federal Reserve entsprechen den Staatsschulden ebenso wenig wie die Reservenguthaben von Staat und Banken bei der Federal Reserve. Anfang 2019 beliefen sich sämtliche Reservenguthaben bei der Federal Reserve auf rund 1.600 Mrd Dollar; der Wert der staatlich emittierten Wertpapiere im Besitz der Federal Reserve betrug 2.200 Mrd; aber die Staatsschulden beliefen sich auf 22.500 Mrd. Die Überschussreserven der Banken waren 3–4 Mal höher als die Transaktionsguthaben der Regierung bei der Federal Reserve.[9]

Die staatliche Geldnachfrage ist weder die einzige noch die größte, die Geldschöpfung auslöst. Die Geldnachfrage von nicht-monetären Finanzinstituten, Unternehmen und privaten Haushalten stellt bei weitem den größten Teil der Geldnachfrage dar, und bewirkt damit auch den größten Teil der Geldschöpfung von Banken und – bruchteilig refinanzierend – Zentralbanken. Ebenso befinden sich die meisten öffentlich emittierten Wertpapiere nicht im Besitz der Zentralbank, auch dann nicht, wenn man die Staatsanleihen im Besitz ausländischer Zentralbanken dazurechnet, und noch nicht einmal unter den jüngsten Bedingungen der Zentralbankenpolitik des Quantitative Easing, mit der die Zentralbanken öffentliche Wertpapiere in außerordentlichem Ausmaß aufgekauft und den Banken so eine wahre Reservenflut beschert haben. Gleichwohl befinden sich die meisten öffentlichen Wertpapiere nach wie vor im Besitz von Banken und Anlegerfonds. Private Haushalte besitzen direkt höchstens etwa ein Sechstel der Staatsanleihen, in den meisten Ländern erheblich weniger.

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Postulat #3 – Staatsausgaben sind gleich Geldschöpfung. Steuern dienen nicht der Finanzierung von Staatsausgaben

Im nächsten Schritt ihrer monetär-fiskalischen Konfusion postuliert die MMT, Steuern würden angeblich nicht der Finanzierung von Staatsausgaben dienen, vielmehr würde mit den Staatsausgaben jenes Geld geschöpft, mit dem Steuern bezahlt werden und damit das Geld gleichsam zu seiner Quelle zurückkehre.    

Es gibt ein historisches Beispiel, das dieser Vorstellung in etwa entspricht: mittelalter­liche und frühneuzeitliche Kerbhölzer. Außer von Kaufleuten wurden diese vor allem von königlichen Schatzämtern in Umlauf gebracht. Auf den Hölzern waren der Emittent und der Betrag eingraviert. Sie wurden längs gesplittet. Den einen Teil bekam der Gläubiger, den anderen behielt der emittierende Schuldner. Der Gläubigerteil zirkulierte in bestimmten Milieus – gleichsam als Frühform einer Inhaberschuld­verschreibung – eine Zeit lang als Geldersatz, bevor damit Steuerschulden beim Schatzamt beglichen wurden. Damit hoben die königliche Geldschuld und die Steuer­schuld des Kerbholz-innehabenden Gläubigers sich gegenseitig auf. Beide Teile des Kerbholzes wurden aus dem Verkehr gezogen. Die Kerbhölzer stellten also eine Art Hypothek auf künftige Steuerforderungen dar, die der Gläubiger dem fürstlichen Schuldner einräumte.

In moderneren Zeiten gab es eine ähnliche Praxis, um im Vorgriff künftige Steuereinnahmen zu nutzen. Vom 18. bis Anfang des 20. Jhds gaben europäische Regierungen Papiere in Umlauf, die in deutschen Fürstentümern Cassenbillets oder Staatskassenscheine hießen. Dies waren keine Wertpapiere, sondern Banknoten-artige Geldscheine, die auch äußerlich so aufgemacht waren, gleichsam Schatzamt-Noten bzw Steuergutscheine, de facto reines staatliches Fiatgeld ohne Deckung in Gold oder sonst einem Vermögen. Die Regierungen benutzten die Scheine, um damit zum Beispiel Beamte und Hoflieferanten zu bezahlen. Die Scheine zirkulierten parallel zu Banknoten und Münzen. Sie wurden als Zahlungsmittel binnenwirtschaftlich allgemein angenommen, waren im Außenhandel und größeren Finanztransaktionen aber nicht zu gebrauchen. Dafür nahm das Finanzamt die Scheine zur Steuerzahlung entgegen – wobei die Scheine aber nicht wie Kerbhölzer aus dem Verkehr gezogen, sondern sie durch Staatsausgaben neuerlich in Umlauf gegeben wurden. Im Ergebnis macht es freilich keinen Unterschied, ob die Staatskassenscheine 'rezykliert' oder sie vernichtet und neue Scheine in Umlauf gegeben wurden.

Beim MMT-Postulat  "Ausgabe staatlicher Schuldenpapiere = Geldschöpfung = Finanzierung der Staatsausgaben = Finanzierung späterer Steuerzahlungen" muss man zwei Sachverhalte im Auge behalten. Erstens sind die in welcher Form auch immer neu ausgestellten Staatsschulden nicht mengengleich mit der laufenden Gesamtausweitung des Geldangebots, sondern nur der kleinere Teil davon. Zweitens pflegen die mit der Zeit angehäuften ausstehenden Staatsschulden die laufenden Staatshaushalte und teils auch das laufende Wirtschaftsprodukt zu übersteigen.

Möglicherweise stellten die zur Finanzierung des amerikanischen Bürgerkriegs in den 1860er Jahren herausgegebenen greenback dollars (Nordstaaten) und greyback dollars (Südstaaten) eine der historischen Ausnahmen von der Regel dar. Aber die Ausgabe von Greenbacks, die damals noch eine Weile weiterlief, sowie die spätere Ausgabe von U.S. Treasury Geldscheinen wurde schon vor langem beendet. Auch in Europa existieren Staatskassenscheine seit den 1920/30ern nicht mehr. Durch das Banknotenmonopol der Zentralbanken wurde jede Form der Geldausgabe durch Finanzministerien faktisch unterbunden (obschon diese Frage strittig ist). In den USA dagegen, würde die Regierung beschließen, erneut Treasury-Geld als Papiergeld oder elektronische Währung herauszugeben, so könnte sie das unter Berufung auf die U.S. Verfassung tatsächlich tun. Nur, sie macht davon in keiner Weise Gebrauch und überlässt so die staatliche Geldhoheit weitgehend dem Bankensektor, diesen stützend durch jederzeitige Zentralbank-Refinanzierung sowie durch staatliche De-facto-Garantien für den Bestand der Banken und ihres Bankengelds.

Was nun Steuerzahlungen angeht, so fließen diese in den meisten Ländern zunächst auf Bankkonten des Finanzamts (Zahlung in Giralgeld). Von dort werden sie als gebündelte Zahlung in Reserven auf ein staatliches Transaktionskonto bei der Zentralbank überwiesen. So oder so bleiben die Mittel aus Steuerzahlungen im Umlauf – die Reserven im Interbanken-Umlauf, das Giralgeld im Publikums-Umlauf. Die Reservenguthaben werden nicht gelöscht, wie die MMT des öfteren suggeriert. Reserven werden nur gelöscht durch Zahlungen von Banken an die Zentralbank,  ebenso wie Giralgeld gelöscht wird durch Zahlungen von Nichtbanken an Banken.

Reservenguthaben auf staatlichen Transaktionskonten bei der Zentralbank aber werden nicht gelöscht. Sie bestehen und zirkulieren weiter durch Staatsausgaben an wen auch immer. Die Löschung dieser Mittel als 'Geld im Rückfluss' kann man nur dann annehmen, wenn man, wie die MMT, Finanzamt und Finanzministerium, Regierung und Zentralbank saldenmechanisch in ein schwarzes Loch namens 'öffentlicher Sektor' steckt und außerdem die Zentralbank-Transaktionskonten des Staats mit Zentralbank-Kreditkonten bzw Refinanzierungskonten der Banken verwechselt.    

Unbeschadet solcher Konfusion ist es klar und eindeutig, dass Steuerzahlungen kein 'Geld im Rückfluss' darstellen, sondern sie als Mittelzufluss dazu dienen, die laufenden Staatsausgaben zu finanzieren, meist zusammen mit einer zusätzlichen Mehr­verschuld­ung der öffentlichen Haushalte. Staatsausgaben geben dasjenige Geld aus, das durch Steuern und Schuldenaufnahme eingenommen wird, stellen selbst aber weder Geldschöpfung dar noch einen 'Kredit' auf künftige Steuereinnahmen (selbst wenn, um dies zu wiederholen, eine erweiterte Staatsnachfrage nach Geld eine erweiterte Geldschöpfung des Bankensektors nach sich zu ziehen pflegt, genauso wie eine erweiterte Geldnachfrage von Seiten nicht-monetärer Finanzinstitute, der Unternehmen und privater Haushalte, dies bewirkt).

Wenn es wahr wäre, dass Staatsschulden bzw Staatsausgaben primäre Geldschöpfung darstellen statt durch Steuern finanziert zu sein, wieso sollte eine Regierung dann noch Schuldverschreibungen emittieren? Wozu sollte sie überhaupt Steuern erheben? Eine plausible Antwort wäre: um das ausgegebene Geld wieder einzusammeln und still zu legen, damit keine zu starke Inflation oder Assetinflation entsteht. Das aber – das Geld einsammeln und still legen – geschieht eben nicht, sondern das Geld zirkuliert immer weiter. Folglich müsste dies im Verlauf weniger Jahre in eine galoppierende Inflation bzw Assetinflation münden. Auch unter diesem Aspekt sind die MMT-Postulate #2 und #3 unhaltbar.

Zwar besteht auch heute durchaus Inflation (mehr als die Hälfte des nominalen BIP-Zuwachses) und eine erhebliche Assetinflation. Der MMT mit ihrer erklärten Weichwährungs-Perspektive erscheint dies willkommen. Die bestehende Inflation und Assetinflation sind aber nicht auf 'Geldschöpfung der Regierung' zurückzuführen, sondern auf die Geldschöpfung und Geldzirkulation des Banken- und Finanzsektors, teils auch aufgrund der Überschuldung der öffentlichen Haushalte, aber ebenso aufgrund der Überschuldung aller anderen Gruppen von Wirtschaftsakteuren, gewohnheitsmäßig refinanziert (zum residual noch erforderlichen Bruchteil des Giralgelds) von den Zentralbanken.

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Quelle: FAZ.Net

Quelle: FAZ.Net

Postulat #4 – Staatsschulden sind nicht wirklich Schulden

In Fortführung des MMT-Gedankens, Staatsverschuldung sei mit Geldschöpfung gleichzusetzen, besteht ein weiteres MMT-Postulat in der Behauptung, Staatsschulden seien eigentlich keine Schulden. Staatsschulden seien etwas anderes als andere Schulden und müssten dementsprechend anders verstanden werden – noch so eine idiosynkratische Wendung, die umso mehr irritiert, als sie dem von der MMT geteilten Postulat der vermeintlichen Identität von Geld, Kredit und Kreditschuld widerspricht. Die falsche Identität von Geld und Kredit wird hier in der doch etwas schizophrenen Weise dekonstruiert, Geld sei zwar 'Kreditgeld', aber kein 'Schuldengeld'.

Zugegeben, andere hatten zuvor auch schon solche Gedanken, einschließlich Keynes mit seiner Konstruktion der 'perpetual zero-coupon consols', das heißt, Nullzins-Staatsanleihen ohne Fälligkeit, sozusagen kostenloser ewiger Kredit. In ähnlicher Weise fehlte auch dem Vollgeldkonzept im Anfangsstadium noch eine stimmige Antwort darauf, wie Vollgeld in Übereinstimmung mit den gängigen Praktiken zu schöpfen und, außer wie bisher durch Zentralbankkredit an Banken, vor allem auch  per schuldenfreier Seigniorage an den Staatshaushalt in Umlauf zu bringen sei. Als ersten Gedanken dazu suggerieren die bestehenden Buchungs- und Bilanzierungspraktiken eben 'unbefristeten zinslosen Kredit', in diesem Fall an den Staatshaushalt als Erweiterung der nationalen Geldausstattung; formal ein Kredit, aber faktisch kein Kredit in nahezu jedem Sinn des Begriffs. Das blieb eine unbefriedigende und zu Recht immer wieder kritisierte Konstruktion, eine unsachgemäße Überstrapazierung des Kreditbegriffs.   

Die nächste Idee bestand darin, neu geschöpftes Vollgeld (Geld der staatlichen Zentralbank) zum Eigenkapital der Zentralbank zu buchen. Originäre Seigniorage wäre eine neue Ertragsposition in der Gewinn- und Verlustrechnung, eben Geldschöpfungsgewinn. Auch das blieb unbefriedigend, in diesem Fall als unsachgemäße Überstrapazierung der Begriffe von Eigenkapital und Ertrag.  

Die schließliche Lösung des Problems – unter Rückgriff auf einen Vorschlag von Ricardo und der Currency School – besteht nun darin, die hoheitliche Geldschöpfung einer Zentralbank und das operative Bankgeschäft dieser Zentralbank voneinander zu trennen. Dies beinhaltet die Führung eines Währungsregisters, über das die Schöpfung und Ausgabe des Geldes abgewickelt wird, getrennt von der operativen Geschäfts­bilanz einer Zentralbank.[10] Diese Lösung beinhaltet keine unsachgemäßen Umdeutungen von Begriffen und Gepflogenheiten, während sie dennoch erlaubt, Vollgeld so zu behandeln wie Münzen schon immer behandelt wurden, nämlich ausschließlich als ein monetäres Aktivum, in keiner Weise mehr als stehende Verbindlichkeit der Zentralbankbilanz (was in der Folge auch für Bankbilanzen so gelten würde).[11]

Die MMT beharrt dagegen darauf, Staatsschulden seien 'keine Schulden', dafür aber willkommene Geldschöpfung zum bleibenden Nutzen des 'privaten Sektors'. Dass es sich dabei vor allem um den Finanzsektor und die vermögenden Schichten der Gesellschaft handelt, wird im über-aggregierten Sektorenmodell der MMT schlicht unterschlagen.

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Postulat #5 – Defizite und Schulden sind kein Problem, sondern eine unerschöpfliche Quelle staatlicher Finanzierung

Sollte man entgegen MMT's Auffassung Schulden weiterhin für Schulden halten, hat die MMT ein weiteres Postulat bereit: Die Regierung eines souveränen Staats mit eigener Währung könne sich in dieser Währung  nicht überschulden und müsse also nicht zahlungsunfähig und damit faktisch insolvent werden, denn das Finanzminis­te­rium im Zusammenspiel mit der Zentralbank kann benötigte Gelder jederzeit erzeugen.  

Oberflächlich gesehen könnte man das für zutreffend halten. Im wirklichen Leben bleibt es eine Chimäre. Noch jede allzu ausgabenfreudige und überschuldete Regierung hat das zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Schuldenkarriere erleben müssen. Zu den jüngsten Extrembeispielen gehören Mugabe's Zimbabwe in the 1990–2000s und gegenwärtig Venezuela. In heimischer Währung bei heimischen Adressen verschuldet zu sein, ist sicherlich weniger riskant als in ausländischer Währung bei ausländischen Gläubigern. Der faktische Staatsbankrott des im Übermaß außenverschuldeten Islands im Krisenjahr 2008 mag das veranschaulichen. Aber auch übermäßige Inlandsverschuldung bleibt ein Problem, wie die sub-optimale Wirtschaftsentwicklung Japan's seit den 1990er Jahren zeigt.

Jenseits kritischer Grenzen der finanziellen Tragekapazität einer Wirtschaft wird 'too much finance' – das heißt zu viel Kredit und Schulden auf der Basis überschießender Geldschöpfung – zu einer Last für die Wirtschaft mit zunehmend disfunktionalen Folgen.[12] Inflation und/oder Assetinflation nehmen zu, die Erwerbseinkommen und die Massenkaufkraft stagnieren oder sinken. Die Währung wertet ab. Importe werden teurer und in heimischer Währung schwieriger zu finanzieren, umso mehr in ausländischer Währung. Ausländische Direktinvestitionen gehen zurück. Sparzwänge (Austerität) beginnen, die öffentlichen und privaten Finanzen zu durchdringen. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer machten solche Erfahrungen in den zurückliegenden Jahrzehnten. Auch manche altindustriellen Länder sehen sich mit solchen Problemen konfrontiert.  

Es könnte so aussehen als würden die USA eine Ausnahme von dieser Überschuldungs­dynamik machen, oder richtiger gesagt, als würde ihr diese nichts anhaben können. In gewisser Weise und bis zu einem gewissen Grad stimmt das. Der Grund dafür ist das 'exorbitante Privileg' des U.S. Dollars als der alles dominierenden Weltwährung.[13] Die meisten internationalen Transaktionen in Produktion, Handel und Finanzen werden in Dollar in Rechnung gestellt und über amerikanische Banken und Zahlungssysteme ausgeführt. Die Welt benötigt daher viele Dollars, und Wall Street und Washington sind gerne bereit, diese zu schaffen. Gewiss, der Dollar hat im Gesamttrend erheblich an Wert eingebüßt seit Nixon 1971 die Goldbindung des Dollars offiziell aufhob und der Golddollar durch den U.S. Treasury bill standard abgelöst wurde (Hudson).[14] Dennoch ist der Dollar weiterhin die mit großem Abstand führende Reservewährung und Maßstab für alle anderen Währungen. In dieser Hinsicht war Mosler's erste MMT-Schrift von 1995 mit dem Titel 'Weichwährungsökonomik' (Soft Currency Economics) bemerkenswert programmatisch. Es kostet Wall Street und Washington sehr wenig, die Dollars herauszugeben, während der 'auswärtige Sektor', auch 'Rest der Welt' genannt, für jeden Dollar 100% Gegenwert liefern muss.

Einige Postkeynesianer und der ein oder andere MMTer haben einen periodischen Schuldenerlass vorgeschlagen, also einen Kapitalschnitt aus Sicht der Gläubiger. Inspiriert wird das von der frühantiken Praxis eines sog. Schuldenjubiläums zur Thronbesteigung eines neuen Herrschers.[15] Heutzutage, solange die allgemeinen Buchungs- und Bilanzierungsstandards gelten, kommen Schuldenerlasse/Kapitalschnitte in großem Stil nicht in Betracht. Ein maßgeblicher Grund dafür besteht darin, dass dies in der Bilanz einer Bank bedeuten würde, offene Forderungen gegen Schuldner abzuschreiben, ohne zugleich die dazugehörigen Verbindlichkeiten abschreiben zu können, denn diese stellen das Giralgeld der Nichtbanken dar. Auch für nicht-monetäre Finanzinstitute gilt, dass sie Forderungen gegen Schuldner höchstens in dem Maß abschreiben können, wie es dafür bilanzielle Eigenkapitalpolster gibt.  

MMTer vermeiden Diskussionen zur Dynamik von 'zu viel Geld, Kredit und Schulden', außer vielleicht einer gelegentlichen Bemerkung zum Thema Inflation. Dem Grundsatz nach anerkennt die MMT, dass sich Grenzen der Geldschöpfung, Kredit- und Schuldenausweitung ergeben hinsichtlich damit möglicherweise verbundener Inflationsfolgen. Im Gesamtbild zeigt sich dies jedoch eher als hypothetisches Zugeständnis. Regierungsausgaben gelten der MMT per se als nicht-inflationär, da diese Ausgaben überwiegend in  realwirtschaftliche Zwecke fließen und dabei eine Erhöhung der wirtschaftlichen Kapazitätsauslastung angenommen wird (was, um das nicht völlig zu übersehen, normalerweise bereits ein gewisses Maß an Preisauftrieb bewirkt).    

Es fragt sich, wie weit das in der heutigen kapital- und technikintensiven Welt so stimmt. Die Dinge entwickeln sich in der gewünschten Richtung soweit es sich um qualifizierte und gut bezahlte Arbeit handelt. Soweit es sich jedoch um jobloses Wachstum und prekäre, schlecht bezahlte Jobs handelt, ist es eher unwahrscheinlich, dass zusätzliche Geldschöpfung für Staatsausgaben zu einer nachhaltigen, selbsttragenden Wirtschaftsentwicklung viel beiträgt.            

Warum aber absorbiert die Realwirtschaft die zusätzlichen Staatsausgaben nicht bleibend? In der Realwirtschaft braucht es in der Regel mehr als bloß Geld. Wenn das Geld nicht gezielt Technologien, Märkte, Qualifizierung und Ausbildung fördert, wird es der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit kaum dienen. Darüber hinaus fragt sich, wo das nicht real absorbierte Geld bleibt. Es fließt zunächst in Konsumnachfrage und Steuerzahlungen in der Breite der Gesellschaft. Dadurch aber – oder unmittelbar danach, und das schon seit Jahrzehnten – fließt das Geld zum größten Teil in die immer ungleicher verteilten  Einkommen und die Vermögensbildung der höheren Schichten, und damit dauerhaft in den nicht BIP-wirksamen Teil der Finanzwirtschaft.

Die überschießende Geld-, Kredit- und Schuldenausweitung hat in den letzten drei Jahrzehnten aus vorübergehenden historischen Gründen zwar weniger die Verbraucherpreisinflation (VPI) angeheizt. Zu den Gründen gehört vor allem die globale Niedriglohn- und Niedrigpreiskonkurrenz aus neuindustriellen Ländern. Dafür aber befeuerten die überschießenden Mittel umso mehr Assetinflation und 'too much finance'. Entgegen den momentanen Erwartungen wird auch die VPI wieder anziehen, und zwar in dem Maß wie finanzwirtschaftliche Anlageoptionen an Grenzen stoßen und Finanzinvestments in Realvermögen drängen wie Immobilien, Ländereien, Rohstoffe und Energie. Allgemeiner gesagt, die VPI wird in dem Maß wieder steigen wie das Übermaß an anlagesuchendem Kapital in realwirtschaftliche Bereiche drängt und diese überlagert. Das beinhaltet auch die Ausdifferenzierung des früheren Massenkonsums in nach oben sich absetzende Klassen von Wohlstands- und Luxuskonsum, zunehmend abgekoppelt vom Rest der Bevölkerung, der um den Erhalt bisher gewohnter Lebensstandards ringt oder sie in den unteren Schichten tatsächlich ein Stück weit verliert.

Die MMT verortet sich politisch links der Mitte. Dennoch finden die eben skizzierten unsozialen Zusammenhänge in der MMT keine Berücksichtigung, vermutlich einmal mehr aufgrund ihrer übersimplifizierten Auslegung  der makroökonomischen Saldenmechanik. Die Grundlinie dieses Denkens lautet 'Schulden des öffentlichen Sektors sind Vermögen des privaten Sektors', oder allgemeiner, 'Die Defizite eines Sektors gleichen sich mit den Überschüssen der anderen Sektoren aus. Kein Problem'. Gewiss, die Salden doppelter Buchführung gleichen sich aus. Ökonomisch ist das freilich nichtssagend. Sektorale Bilanzen ebenso wie Unternehmensbilanzen sagen per se nahezu nichts über dahinter stehende Ursachen und Entwicklungen. Dennoch interpretieren MMTer die privaten Vermögen, die der Staatsverschuldung gegenüberstehen, pauschal als von allgemeinem Nutzen, ungeachtet der Frage wie sich die Einkommen und Vermögen verteilen, und wo die Grenzen der finanziellen Tragekapazität einer Wirtschaft liegen, die Schwelle, ab der die Finanzwirtschaft aufhört einer allgemein vorteilhaften Kapital- und Ersparnisbildung zu dienen und zu 'too much finance' wird, welche die Realwirtschaft auszehrt.

Was schließlich Bilanzdefizite des auswärtigen Sektors angeht, so werden auch diese von der MMT kaum angesprochen. Sofern sich das Thema nicht vermeiden lässt, sehen MMTer in Außenwirtschaftsdefiziten erneut kein Problem. Aus amerikanischer Sicht ist das nachvollziehbar. Die U.S. Wirtschaft genießt importierte Güter und Dienste, wofür das Ausland Dollars erhält. Die Ausländer können damit ihren internationalen Handel abwickeln, oder das das Geld in die amerikanische Realwirtschaft reinvestieren, oder es in amerikanische Wertpapiere stecken, einschließlich – hier schließt sich der Kreis – in U.S. Staatsanleihen. Ein Spruch dazu besagt 'Es funktioniert so lange bis es nicht mehr funktioniert'. Einmal rang sich Wray immerhin dazu durch, die amerikanischen Leistungs- und Kapitalbilanzdefizite als eine Strategie des 'beggar thy neighbor' zu charakterisieren. Das kann freilich wiederum nur zur exzeptionellen Beziehung der Vereinigten Staaten zum mehr oder weniger  dollarisierten 'Rest der Welt' gesagt werden.

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MMT's politische Perspektiven

Monetäre Staatsfinanzierung bei Verschmelzung monetärer und fiskalischer Funktionen

Die MMT sieht im heutigen Geld- und Bankensystem eine bestens funktionierende und im Prinzip dem Allgemeinwohl dienende Kredit- und Schuldenmaschine unter (vermeintlicher) Kontrolle der Federal Reserve und des U.S. Treasury. Von daher sind ihre Vorstellungen zur Zukunft des Geld-, Bank- und Finanzwesens erwartbar konservativ: strukturell bzw systemisch kein Reformbedarf.   

Was die MMT jedoch befürwortet, ist die schon bestehende Tendenz, die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik zu verwischen, ja aufzuheben. Die MMT-Saldenmechanik tut ja bereits so als seien im öffentlichen Sektor Geld-, Steuer- und Kreditwesen verschmolzen. Dieser Vorstellung soll die Wirklichkeit näher kommen, um so die beabsichtigte Fortsetzung der überschießenden Geld-, Kredit- und Schuldenausweitung leichter realisieren zu können. MMTer fordern von daher monetäre Staatsfinanzierung, also Geldschöpfung der Federal Reserve gemäß der Geldnachfrage des U.S. Treasury und Congress, zwecks direkter Finanzierung erwünschter Staatsausgaben.      

Um nicht missverstanden zu werden: Es geht hier nicht die Grundsatzfrage der Zulässigkeit oder Nicht-Zulässigkeit monetärer Staatsfinanzierung. Unter bestimmten außergewöhnlichen Bedingungen und nach bestimmten monetären Regeln kann monetäre Staatsfinanzierung sinnvoll sein und sollte dementsprechend auch stattfinden können.[16] Art. 123 (1) AEUV (Lissabon Vertrag) in seiner jetzigen Form ist eher doch ein Banken-Ermächtigungsgesetz, mit dem die staatliche Geldhoheit geschwächt und in erheblichem Maß überhaupt außer Kraft gesetzt worden ist.

In einer Krise einem Staat und seiner Wirtschaft und Bevölkerung mutwillig Austerität auferlegen, ist kontraproduktiv. Die rigide 'schwarze Null' zeugt von begrenztem Problemverständnis und einem gewissen Starrsinn der Verantwortlichen (wie schon um 1930). Hinsichtlich der Realwirtschaft haben Experten, Zentralbanken und Regierungen im Vergleich zur Großen Depression nicht wirklich etwas dazugelernt. Das heutige Quantitative Easing (QE) blieb QE for finance, während ein QE für eine realwirtschaftliche Stabilisierung und Erholung in Krisenstaaten und betroffenen Bevölkerungsschichten weiter fehlt.

Was nun aber die MMT angeht, so präsentieren ihre Anhänger monetäre Staatsfinanzierung als generell wünschenswert, nicht nur in einem nationalen Ausnahmezustand oder einer schweren Krise, sondern als Alltagspraxis unter Bedingungen eines Business-as-usual. Dahinter steht kein erkennbares monetäres Konzept, einfach nur fiskalische Bedarfsanmeldung.

Von daher stellen sich zwei maßgebliche Fragen: erstens, ob die Mittel für eine monetäre Staatsfinanzierung unter bestimmten situativen Voraussetzungen befristet und in begrenztem Umfang bereit gestellt werden, oder ob es sich um eine unbefristete und im Prinzip auch unbegrenzte Dauerpraktik handeln soll; zweitens, ob die Entscheidung darüber von der Zentralbank nach Kriterien monetärer, finanzieller und wirtschaftlicher Stabilität getroffen wird oder von Regierung und/oder Parlament nach Gesichtspunkten fiskalischer und politischer Erwünschtheit. MMT stellt diese Frage erst gar nicht, denn MMT strebt, in den Worten von Wray, eine creditary-fiscal synthesis an, so wie diese in ihrer unreellen Sektor-Saldenmechanik vorweggenommen wird sowie in dem Postulat, dass Staatsausgaben Steuern finanzieren (und also Steuern durch monetäre Staatsfinanzierung ersetzt werden könnten).

Aus einer regulären, nicht zusätzlich inflationären Geldschöpfung können in den altindustriellen Ländern bei den heutigen Wachstumsraten und Staatsausgabenquoten höchstens 1–5% der laufenden öffentlichen Gesamtausgaben finanziert werden.[17] Das ist absolut gesehen nicht wenig, aber viel zu wenig, um Steuern in nennenswertem Umfang zu ersetzen. Das scheint MMTer nicht weiter zu interessieren und wenn sie zu dem Thema überhaupt etwas sagen, dann, die Grenzen monetärer Staatsfinanzierung lägen in Inflation.

Wie im vorigen Abschnitt schon gesagt, darf man das getrost als Beschwichtigungsfloskel auffassen. Näher ausbuchstabiert wird die Sache von der MMT nicht. Überdies stellt das so verkürzt vorgebrachte Argument eine überraschend 'monetaristische' Wende dar (Friedman: Inflation sei stets ein monetäres Phänomen). Natürlich muss eine Zentralbank auf Inflation bzw Disinflation und Deflation reagieren. Im heutigen Giralgeldregime, das die MMT im wesentlichen erhalten möchte, sind zinspolitische Reaktionen aber weitgehend wirkungslos geworden. Davon abgesehen findet das seine Grenzen schon darin, dass Veränderungen des Preisniveaus von mehr Faktoren abhängen als nur dem Geldangebot, zumal unter den heutigen Bedingungen starker Außenverflechtung nationalen Wirtschaftens.

Gegen die laxe MMT-Haltung bzgl des staatlichen Geldausgebens spricht außerdem das im vorangegangenen Abschnitt bereits berührte Problem, dass Staatsausgaben – in je größerem Umfang, desto mehr – zwar im ersten Schritt realwirtschaftlichen Aktivitäten dienen mögen, die Mittel aber in weiteren Schritten dauerhaft in den nicht-BIP-wirksamen Bereichen der Finanzwirtschaft enden, und dass auch diejenigen Staatsausgaben, die im ersten Schritt etwas  'Sozialem' dienen, dauerhaft den bestehenden Einkommens- und Vermögensbias zugunsten der Finanzeinkommen zulasten der Arbeitseinkommen verstärken. Sowohl der europäische Sozialstaat wie auch der amerikanische Rüstungsstaat haben den Aufstieg des heutigen Finanzmarktkapitalismus in formidabler Weise alimentiert. Das ist kein implizites Plädoyer für einäugige Angebotspolitik, sondern dafür, systemisch die Gesamtdynamik von Angebots- und Nachfragepolitik im Auge zu behalten, in wechselseitiger Ergänzung und Begrenzung. 

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Staatliche Arbeitsplatzgarantie und Green New Deal

Anhänger der MMT möchten monetäre Staatsfinanzierung für eine staatliche Job­garantie verwenden.[18] Wie aber die sog. aktive Arbeitsmarktpolitik der 1970–80er Jahre in vielen Ländern gezeigt hat, sind Arbeitsplatzsubventionen keine besonders gute Idee. Sie bewirken in großem Stil Mitnahmeeffekte zum Vorteil der jeweiligen Arbeitgeber, ohne jedoch zu stabiler und ordentlich bezahlter Mehrbeschäftigung zu führen.

Statt in ineffizienter Weise Jobs zu subventionieren, könnte man Geldschöpfungsgewinne eher dazu nutzen, diese Gewinne als Bürgerdividende auszuzahlen oder sie als Finanzierungsbeitrag zu einem allgemeinen Grundeinkommen zu verwenden. Das wäre zugleich ein Beitrag zur Verringerung der Erwerbsabhängigkeit der sozialen Sicherung und des Wachstumszwangs der heutigen Wirtschaft.[19] MMTer dagegen lehnen ein allgemeines Grundeinkommen ab. In dieser Hinsicht steht die MMT für einen altlinken Industrietraditionalismus.

Seit kurzem haben MMTer auch die Idee eines Green New Deal aufgriffen. Diese Idee wird seit über zehn Jahren von verschiedenen, der Green Party und den US Demokraten nahestehenden Personen und Bürgerinitiativen propagiert, in Anknüpfung an die staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der 1930er Jahre.

Die Anknüpfung an den New Deal der 1930er Jahre ist sicherlich gut fürs politische Marketing. Wie weit aber die Analogie der Sache nach trägt, ist eine andere Frage. Zu jener Zeit gab es extreme Arbeitslosigkeit, Verarmung, mangelnde Nachfrage  und stark unter-ausgelastete Kapazitäten. Die naheliegende Antwort bestand darin, durch Staatsausgaben, speziell auch in öffentliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Massenkaufkraft zu steigern. Das hätte im übrigen auch einer Reihe europäischer Länder, die von der Krise nach 2008 stark betroffen waren, gut getan. Jenseits dessen aber ist die Lage heute eher von Über- als Unterkonsumtion geprägt, und auch in anderer Hinsicht ist die Lage in der heutigen Hochtechnologie- und Wissensgesellschaft anders als damals.

Ein Green New Deal kann heute nicht als nachfragepolitisches Programm zur Ausweitung von Produktion, Beschäftigung und Massenkonsum konzipiert werden. Stattdessen, und richtigerweise, wird der Green New Deal von den Urhebern der Idee als ein wissens- und technikintensives Investitionsprogramm konzpiert. Es zielt auf eine ökologische Modernisierung der industriellen Produktion und Produkte, auf eine ökologische Neuanpassung des industriellen Metabolismus, was ein Stück weit auch veränderte Lebensstil-Präferenzen und Konsummuster beinhaltet.

Das aber ist keine Angelegenheit für ein großes Konjunkturprogramm, das womöglich noch auf Stärkung der Massenkaufkraft setzt. Wenn man findet, es gebe auch in den USA zu viele Arme und Geringverdiener, kann und soll man einkommenspolitische Maßnahmen ergreifen. Ein langfristiges permanentes Engagement für die Ökologisierung des industriellen Metabolismus benötigt dagegen etwas anderes, nämlich: erstens und vor allem die konsequente Implementierung stimmiger umweltpolitischer Regulierung, einschließlich umweltrelevanter Technikstandards; mit Abstand gefolgt, zweitens, von der aufkommensneutralen Besteuerung von allem, was ökologisch nicht dauerhaft tragfähig ist; drittens schließlich gezielte Investitionen (durchaus auch staatlich finanzierte) in die Erforschung und Entwicklung umweltrelevanter Innovationen und in die auch öffentliche Förderung ihrer Markteinführung.

Die Gesamtfinanzierung der betreffenden industriellen Investitionen durch Staatsaufträge und staatliche Subventionen bezahlt aus monetärer Staatsfinanzierung, wie von der MMT propagiert, ist nicht recht einzusehen und monetär überschießend – überschießend, weil die benötigten schieren Mengen an Geld zusätzlich zu den schon vorhandenen (wenn nicht über viele Jahre und Jahrzehnte gestreckt) Inflation und/oder Assetinflation mit sich bringen würden, einschließlich, wie oben schon erläutert, des Verbleibs des Geldes bei Besserverdienern, in Finanzanlagen und Finanzeinkünften. Nicht einzusehen sind solche voluminösen Staatszuwendungen unter Aspekten der Leistungs- und Bedürfnisgerechtigkeit. Den involvierten Industrien, ihren Kapitaleignern und qualifizierten Beschäftigten geht es ökonomisch gut. Sie brauchen keine Subventionen und Staatsaufträge, sondern klare Vorgaben und Finanzierung durch den Kapitalmarkt.

Im Hinblick auf die benötigte Finanzierung der F&E- und Investitionsausgaben könnte auch ein zweckspezifisches Refinanzierungsprogramm der Zentralbanken zur Förderung ökologiedienlicher Kredite und Investitionen nützlich sein, ebenso die stärkere Aktivierung öffentlicher Investitions- und Entwicklungsbanken für solche Zwecke. Alles das wäre sachdienlich, wenn auch weniger werbewirksam als die falsche Verheißung der MMT, die Regierung brauche doch bloß Geld zu drucken, ohne dabei eine 'echte' Verschuldung einzugehen oder sich lange um eine Steuerfinanzierung ihrer Ausgaben kümmern zu müssen.

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Source: Independent Australia.Net

Source: Independent Australia.Net

Abschließende Feststellungen

Entgegen ihrem Anspruch, eine kohärente allgemeine Theorie darzustellen, handelt es sich bei der MMT um eine USA-zentrische Zusammenstellung von Gefälligkeitspostulaten. Diese blenden die großen Probleme der Geldordnung, der Geldpolitik, des Banken- und Finanzsystems weitgehend aus und lassen in Washington und an Wall Street ebenso aufhorchen wie bei vielen ihrer europäischen und asiatischen Pendants. Denn sie alle stecken in der Sackgasse nicht endender Defizite und Schulden, einer sich selbst weitertreibenden Geld-, Kredit- und Schuldenausweitung, die zu einer instabilen und krisenträchtigen Aufblähung der nicht-BIP-wirksamen Bereiche der Finanzwirtschaft geführt hat, und zu einem Ausmaß neuerlicher Einkommens- und Vermögensungleichheit, das demoralisierend und dysfunktional geworden ist.

J. Meadway, ein Politikberater der britischen Labour Partei, hält MMT für 'einfach bloß altbekannte schlechte Makroökonomik'.[20] Ein Redaktionsartikel des Economist kam ebenfalls zu dem Schluss, MMT sei 'macroeconomics as usual'.[21] Viele Volkswirte werden dem widersprechen, aber was die Wirtschaftspolitik angeht, laufen die MMT-Postulate doch auf das festgefahrene Muster hinaus, Finanzproblemen einfach mit einer weiteren Injektion an noch mehr Geld und Schulden zu begegnen. Das MMT-Programm verspricht, die fortgesetzte Ausweitung von Geld, Kredit und Schulden zu erleichtern und bedient damit fast alle Interessengruppen – jene die an einer pauschalen Defizit- und Nachfragepolitik festhalten wollen, jene die Klientelpolitik für diese oder jene Interessengruppen betreiben, jene welche die Interessen des militärisch-industriellen Komplexes repräsentieren, und jene, die von Big Finance profitieren. MMT verspricht ihnen allen, ohne Reue wie bisher weitermachen zu können. Kein Wunder, dass etliche Politiker in Amerika und Europa – die irgendwie ein ungutes Gefühl haben aber nicht wissen, wie weiter – dem Sirenengesang der MMT Gehör schenken: Don't worry about imbalances, deficits and debt. Wen kümmert es schon in Zeiten von fake news und beliebigen Wahrheiten, ob es sich um ein solides Konzept oder ökonomischen Surrealismus handelt.

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Endnoten

[1] Siehe Ehnts 2017.

[2] Vgl. Lavoie 2013.

[3] Palley 2013.                                                                     

[4] Vgl. Vollgeld-Bilanzierung bei Zentralbank und Banken, https://vollgeld.de/bilanzierung-von-vollgeld.

[5] Zum Beispiel Pettifor 2014.

[6] Godley/Lavoie 2007. Siehe schon Stützel 1958 im Anschluss an Keynes.  

[7] In diesem Sinn hat Hudson (2006, 2012 55, 297, 333) vorgeschlagen, einen gesonderten FIRE-Sektor in das Sektorenmodell einzufügen (FIRE = Finance, Insurance, Real Estate). Werner (2005 185) und Huber (2017 105ff.) haben vorgeschlagen, die Zirkulationsgleichung des Geldes zu desaggregieren durch die Unterscheidung von BIP-wirksamen und nicht BIP-wirksamen Finanztransaktionen.

[8] Für eine detaillierte Beschreibung der Funktionsweise des heutigen Geldsystems vgl. Ryan-Collins/ Greenham/Werner/Jackson 2012, McLeay/Radia/Thomas 2014, Ravn 2015, Huber 2017 57–100, 2017b, Deutsche Bundesbank 2017.

[9] Zahlen nach Federal Reserve of St. Louis, FRED Data, https://fred. stlouisfed.org/ sowie Board of Governors of the Federal Reserve System, Quarterly Report on Federal Reserve Balance Sheet Developments, Nov 2018, 5.

[10] Siehe erneut Vollgeld-Bilanzierung bei Zentralbank und Banken, https://vollgeld.de/bilanzierung-von-vollgeld.

[11] Siehe dazu auch die Kategorien Aktivgeld und Passivgeld bei Mayer 2014 22ff., 146–161.  

[12] Arcand/Berkes/Panizza 2012, Reinhart/Rogoff 2009, 2010.

[13] Eichengreen 2011, Hudson 2003.               

[14] Hudson 2003 pp377.

[15] Cf. Hudson/Goodhart 2018, Keen 2011 pp354, pp398.

[16] Vgl. Turner 2015 213–240.       

[17] Huber 2019 182f.

[18] Zaman 2019.

[19] Positive Money 2018.

[20] 'MMT is just plain old bad economics'. The Economist, Feb 16th 2019, 9, 18. In gleichem Sinn auch Hunt 2019, Henwood 2019, Febrero 2009.

[21]  The Economist, March 16th 2019, 70.

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