Welche Chancen bestehen, den Ansatz des Vollgeldes und der Monetative stärker in die politische Diskussion zu bringen?

Dazu könnte einem Max Weber einfallen: Politik bedeutet ein langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.

Das Thema Geldordnung und Geldreform hat bisher, trotz Finanzkrise, nicht viele Menschen angesprochen. Das Thema ist kompliziert. Es wird als spröde empfunden und in seiner Bedeutung verkannt. Eine relative Ausnahme davon machte die Zeit der Großen Depression ab 1929 bis Mitte der 1930er. Unter dem Eindruck der damaligen schweren Krise entstand in ganz Europa sowie in Nordamerika eine relativ breite Geldreformbewegung. Sie orientierte sich teils an C.H. Douglas (national dividend/social dividend), teils an S. Gesell (Schwundgeld, Stamp scrips), teils am Ansatz des 100% Money oder 100% Banking (I. Fisher, Chicago group, darunter H. Simons und der junge M. Friedman). Durch die im weiteren Verlauf der 1930er Jahre einsetzende Verbesserung der Wirtschaftslage sowie vor allem durch den Zweiten Weltkrieg trat das Thema in den Hintergrund und begonnene gesetzgeberische Prozesse zur Geldreform gerieten in Vergessenheit.

Heute, seit Einsetzen der Krise 2007/08 sollte für das Geldthema eigentlich ein vergleichbares Zeitfenster bestehen. In der Tat ist das Interesse deutlich größer geworden. Es haben sich weltweit neue Geldreform-Initiativen gebildet, die Medien greifen das Thema immer wieder einmal auf, und auch in Wissenschaft und Politik hat sich der Kreis derer, die sich dem Thema öffnen, marginal vergrößert.

Erst einmal geht es um Agenda-Setting. Die Sache muss auf die politische Tagesordnung und dazu muss man die Sache zu einem öffentlichen Thema machen, also einen meinungs- und willensbildenden Diskurs in Gang bringen. Das geschieht wahrscheinlich nicht über eine der etablierten Parteien (was der Sache zu Beginn vielleicht auch mehr schaden als nützen würde), sondern im unmittelbaren Wortsinn durch Bürgerinitiative, durch Kampagnenarbeit, durch Mobilisierung von Unterstützern in möglichst großer Breite. Der Sache nach sollte das zugleich auf internationale Vernetzung angelegt sein, zumal im Euro-Raum. Für diese Dinge muss man heute vor allem die neuen Medien nutzen. Zug um Zug, so kann man hoffen, werden sich zuerst vereinzelt, dann vermehrt Journalisten, Analysten, Trendforscher, Issue Manager, strategische Planer, Policy Maker, Politiker und Manager für die Sache interessieren.

Unterdessen wird die Idee der Monetative und der Vollgeldreform bereits auch manche Finanzexperten zu interessieren beginnen. Jedoch ist dies im Finanzmilieu – sei es in der Wissenschaft, bei Banken und Börsen, oder in Ministerien und Behörden – schwierig, weil im Finanzmilieu intensiver als anderswo nachsozialisiert wird, gewisse mentale Konformitätszwänge herrschen und Impulse von außen kaum zugelassen werden. Auf Dauer etwas bewegen kann hier nur das Zusammenwirken von fortgesetzt wiederkehrenden Funktionsstörungen der Geld- und Kreditwirtschaft, daraus sich ergebendem öffentlichen, massenmedial verstärkten Druck, und dadurch aufgebautem politischem Druck auf Parteien, Regierungen und Parlamente, argumentativ gestützt durch gewandelte Lehrmeinungen bei genügend vielen Experten in Gestalt von Wissenschaftlern, Fachjournalisten und Kommentatoren.

Gegen eine solche Perspektive wird des öfteren eingewendet, das werde zu nichts führen, die Wiedererlangung der staatlichen Geldhoheit sei realpolitisch ein Ding der Unmöglichkeit. Führende Staaten und das große Finanzkapital seien eine Machtsymbiose eingegangen. Die Bankenindustrie habe die Geldmacht alle zu korrumpieren, und die Politik sei in Zeiten eines opportunistischen Wählerklientelismus, in Verbindung mit einem demokratischen Sozialetatismus in Europa, dazu verdammt, die öffentlichen Haushalte chronisch zu überschulden. Die Politik könne und werde es im Interesse ihres Machterhalts nicht zulassen, dass Staatsorgane sie monetär und fiskalisch in Schranken weisen. Gerade am Beispiel des Euro habe sich doch gezeigt, dass man sich im Zweifelsfall über Recht und Gesetz hinwegsetzt, siehe die Defizit- und Verschuldungs-Grenzen nach dem Maastricht-Vertrag, nationale Schuldenbremsen und die No-bail-out-Klausel nach Art. 125 AEUV.

Dennoch. Realismus sollte der Erdung eigener Absichten dienen, nicht der Befangenheit und dem Gefangensein in unguten Zuständen. Sonst hätten Menschen- und Bürgerrechte, eine unabhängige Justiz und der freiheitliche Rechtsstaat sich niemals entwickeln können.