Zwischenlösungen zur Vollgeldreform

Digitales Zentralbankgeld und Vollgeldkonten

Einführung

Seit etwa 2013/14 sucht man auch nach Zwischenlösungen einer Vollgeldreform. Sollte eine komplette Reform mit Beendigung des Giralgeldprivilegs der Banken in absehbarer Zeit nicht erreicht werden, wäre vielleicht doch der Einstieg in eine schrittweise Reform möglich. Das gemeinsame Prinzip verschiedener solcher Ansätze liegt darin, Zentralbank-Buchgeld, die heutigen sog. Reserven im Geldverkehr zwischen Banken, auch im öffentlichen Geldverkehr unter Nichtbanken einzuführen, jedoch ohne dabei das Giralgeldprivileg der Banken anzutasten, also die Fähigkeit des Bankensektors, sich selbst das Giralgeld zu erzeugen, auf dessen Grundlage die Banken bei ihren Geschäften mit Nichtbanken tätig sind. (Für ein kurzes Glossar siehe Fußnote[1]).

Die Grundidee besteht darin, Nichtbanken auch im bargeldlosen Verkehr die Wahl zwischen Bankengeld (Giralgeld) und Zentralbankgeld (Vollgeld) zu ermöglichen. Beide würden parallel neben- und miteinander bestehen. Mancher Anhänger der Idee idealisiert sie als eine 'Kombination des Besten zweier Welten'. Andere, etwas gemessener, hoffen darauf, es werde sich um eine Übergangslösung handeln, in der das heutige Giralgeldregime der Banken allmählich sein Ende finden würde. Mit der Zeit würde das sichere Zentralbankgeld erster Ordnung das unsichere Bankengeld zweiter Ordnung aus dem Verkehr verdrängen. Umgekehrt würde dadurch die Fehlentwicklung der letzten hundert Jahre, in der das Giralgeld das Vollgeld zu inzwischen über 90% verdrängt hat, sodass wir es heute mit einem Giralgeldregime der Banken zu tun haben. Es wird pro-aktiv von der Giralgeldschöpfung der Banken bestimmt, während die Zentralbanken es aufgegeben haben, die Geldmenge unter Kontrolle behalten zu wollen (zugunsten eines Inflationsziels, das durch Zinspolitik von zweifelhafter Wirkung erreicht werden soll).    

Von den verschiedenen Vorschlägen sollen hier sechs besprochen werden: 
-    digitales Zentralbankgeld auf Grundlage des Blockchainprinzips (engl. central bank issued digital currency (CBDC)) und
-    Vollgeldkonten als alternative Option zu Girokonten.
Zum letzteren Ansatz gibt es verschiedene Varianten, zum Beispiel  
-    Zentralbankkonten für alle und
-    mobile Gebrauch von Vollgeldkonten.

Zwei weitere in diesem Zusammenhang häufig genannte Ansätze sind  
-    Helikoptergeld and
-    sichere Konten bzw sicheres Giralgeld durch eine freiwillige 100%-Reserve auf individuelle Bankeinlagen.
Tatsächlich jedoch, wie in zwei Abschnitten am Ende des Papiers erläutert wird, gehören Helikoptergeld und 100%-reservegedeckte Depositen nicht hierher. 

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Zwei Entwicklungen welche die Staatliche Geldhoheit bedrohen

Es stellt sich heute die Frage, ob und wie es möglich ist, unbares Vollgeld im Publikumsverkehr einzuführen, sei es in Form von digitalem Zentralbankgeld oder in Form von separaten und daher sicheren Vollgeldkonten im allgemeinen Publikumsverkehr. Von einem chartalistischen Standpunkt (Geld als Teil der Rechtsordnung) sind beide Möglichkeiten höchst wünschenswert. Denn ansonsten drohen zwei weitere Entwicklungen des Geldwesens, die staatliche Geldhoheit vollends außer Kraft zu setzen. Die staatliche Geldhoheit besteht in den drei monetären Prärogativen, (1) die Währung eines Landes zu bestimmen, die offizielle monetäre Recheneinheit in Form von Dollar, Euro o.a., (2) das Geld in dieser Währung zu schöpfen und in Umlauf zu bringen, und (3) den damit verbundenen Geldschöpfungsgewinn, die Seigniorage, zugunsten der Staatskasse einzunehmen.

Die Entfaltung des Giralgeldregimes der Banken seit mehr als hundert Jahren hat die Prärogativen der Geldschöpfung und der Seigniorage bereits sehr weitgehend zugunsten des Giralgeldprivilegs der Banken zurückgedrängt. Die beiden aktuellen Entwicklungen, welche die Situation nun endgültig auf die Spitze zu treiben drohen, sind zum einen das Verschwinden und ggf die mutwillige Abschaffung des herkömmlichen Bargelds und zum anderen die wachsende Verbreitung von privaten Digitalwährungen auf Blockchainbasis wie zum Beispiel Bitcoins. Das Verschwinden des traditionalen Bargelds zusammen mit der Verbreitung von privatem Digitalgeld und der ohnehin schon vorhandenen Vorherrschaft des Giralgelds der Banken bilden eine höchst wirksame Kombination, um die staatliche Geldhoheit endgültig gegenstandslos werden zu lassen.

Der Anteil des Bargeldes an der gesamten Geldmenge ist bereits immer kleiner geworden. Früher oder später wird das Bargeld ganz verschwinden oder abgeschafftwerden. Vor hundert Jahren lag das Verhältnis von Bargeld zu Giralgeld bei 60:40. Heute liegt es statistisch bei unter 20:80; tatsächlich wohl nur bei 10:90, denn ein Teil des Bargelds wird als Sicherheitspolster gehortet, oder es zirkuliert im Ausland als Parallelwährung. Das Bargeld, das für Schwarzarbeit und sonst in der Untergrundwirtschaft zirkuliert, ist dagegen Teil des inländischen aktiven Bargelds.     

Um 100 Euro Giralgeld zu erzeugen und in Umlauf zu halten, benötigen die Banken in der Eurozone heute im Durchschnitt nur noch eine Reserve von 2,5 Euro Zentralbankgeld, davon 1,4 Euro für die Bargeldautomaten, ~0,1 Euro liquide Zahlungsreserve (sog. Überschussreserve) und 1 Euro brach liegende Mindestreserve.  Um von der Zentralbank vollends unabhängig zu werden und das Giralgeldregime komplett zu machen, müssten die Banken nur noch die Restgrößen von 1,4% Bargeld und 1,1% Reserven los werden. In England, Kanada und anderen Ländern hat man die geldpolitisch funktionslose Mindestreserve, und damit den größten Teil der Reservehaltung, bereits abgeschafft. Das verbleibende Bargeld ist den Banken ohnedies nur noch lästig, denn seine Handhabung ist viel aufwendiger und damit teurer als das computerisierte Management von Giralgeld.

Auch Geldpolitiker möchten das Bargeld abschaffen, denn dieses ist aktuell das größte Hindernis zur allgemeinen Auferlegung von Negativzinsen (dass Kunden den Banken Sollzinsen auf Giroguthaben zahlen müssen statt Habenzinsen zu bekommen).[2] Dieses perfide Instrument – das Ausgaben erzwingen soll, aber reaktiv das Gegenteil bewirkt und faktisch einer Enteignung zugunsten der Banken gleichkommt – kann heute noch umgangen werden, indem die Kunden Bargeld statt Giralgeld halten. Würde dies in zu großem Umfang geschehen, wäre dies ein Bankrun – ein dem Giralgeldregime auf Basis fraktionaler Reserven immanentes Risiko, vor demPolitikstrategen einstweilen doch noch zurückschrecken. Nicht zuletzt sind es heute die überschuldeten Regierungen, die das Bargeld abschaffen wollen. Sie hängen der Illusion an, auf diese Weise den Sumpf von Schwarzgeld und Untergrundwirtschaft trocken zu legen und damit zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen. Dies ist nicht nur deshalb eine Ironie, weil die organisierte Kriminalität ihr Schwarzgeld längst bargeldlos wäscht, sondern weil das Bargeld das einzig verbliebene gesetzliche Zahlungsmittel ist, 'Staatsgeld' sozusagen, und ausgerechnet das will der Staat zum Vorteil des Banken-Giralgelds abschaffen.         

Die andere Entwicklung, welche die staatliche Geldhoheit bedroht, könnte noch weiter reichende Auswirkungen haben als das Ende des herkömmlichen Bargelds. Das Entstehen von privaten Digitalwährungen auf Blockchainbasis bedroht nicht nur den Status der Zentralbanken, sondern auch den der Banken selbst. Bitcoin, Litecoin, Peercoin, Nxt und Dutzende weiterer Kryptowährungen brauchen weder Banken noch Zentralbanken.

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Digitales Vollgeld der Zentralbank

Nachdem sie zunächst eine abwartende Haltung eingenommen hatten, kontern einige Zentralbanken die Herausforderung inzwischen damit, eigenes Digitalgeld in Landeswährung herauszubringen. Dies würde zugleich bedeuten, das hergebrachte Monopol auf Bargeld in der modernen Form digitalen Zentralbankgeldes gleichsam fortzuführen.

A. Haldane, der Chefökonom der Bank von England und andere Mitarbeiter der Bank waren unter den ersten, die öffentlich über 'central bank issued digital currency (CBDC)' nachdachten.[3] D. Andolfatto, der Vizepräsident der Federal Reserve von St. Louis schlug 'Fedcoins' im öffentlichen Zahlungsverkehr unter Nichtbanken vor.[4] Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel, die Schwedische Reichsbank, die Zentralbank von Dänemark sowie auch die Chinesiche Zentralbank folgten bald darauf.[5] Singapur und Kanada sollen bereits eine Blockchain-Währung für das Geschäft im Internet getestet haben.[6] Auch eine Reihe von Autoren aus dem Umfeld der internationalen Geldreform­bewegung hatten begonnen, das Potenzial digitalen Zentralbankgeldes auszuloten.[7]

Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld könnte sich als ein entscheidender Schritt zur Wiedergewinnung der staatlichen Geldhoheit erweisen. Digitales Zentralbankgeld in Landeswährung bedroht diese nicht, sondern stärkt sie, und stellt ein neues, Bargeld-artiges gesetzliches Zahlungsmittel dar als Alternative zu privaten Digitalwährungen ebenso wie zu Giralgeld, mit dem Potenzial, die ersteren einzudämmen und das Giralgeld historisch wieder zurück zu drängen.

Digitales Zentralbankgeld ist natürlich kein neues Bargeld zum anfassen und bei sich tragen. Technisch gesehen ist es eher eine Art von Kontogeld, wobei jedoch ein Konto im Blockchain-Kontext nicht ein Bankkonto darstellt, sondern 'wallet' genannt wird, also eine digitale Brieftasche oder digitales Portmonnaie. Digitalgeld kann direkt, wie Bargeld, von einer digitalen Brieftasche zur anderen übertragen werden, ohne monetäre Vermittlung durch Banken und die Zentralbank. Ebenso kann Digitalgeld, wie Bargeld, in Giralgeld umgetauscht tauscht werden, bzw kann Giralgeld in Digitalgeld gewechselt werden. Man kann also im Deutschen, statt von digitalem Zentralbankgeld auch von digitalem Vollgeld sprechen.

Bitcoins werden durch einen undurchsichtigen und im Prinzip unveränderlichen Algorithmus errechnet ('geschürft'). Die Bitcoinschöpfung ist außerdem endlich, ohne Bezug zur tatsächlichen Wirtschaftsdynamik, sinngemäß analog zur früheren stofflichen Knappheit von Gold. Das digitale Vollgeld würde dagegen ausschließlich von der Zentralbank geschöpft, gemäß ihren eigenen geldpolitischen Spezifizierungen. Hierbei wird die Verarbeitung der Blockchain-Einträge erheblich weniger Energie-intensiv und viele Male schneller als heute erfolgen müssen, sodass in einer Sekunde tausende von Transaktionen stattfinden können anstelle der nur etwa sieben wie heute bei Bitcoins.[8]

Nach einem Modell von Barrdear und Kumhof von der Bank von England würde die von ihnen konzipierte 'central bank digital currency' ein 'universelles, elektronisches, 24x7, in Landeswährung denominiertes und verzinstes Guthaben in Zentralbankgeld gewährleisten'. Dieses digitale Vollgeld würde 'durch Blockchain-Eintragungen implementiert und mit Giralgeld als Zahlungsmittel konkurrieren'. 

Die Autoren gehen von einem Vorkrisen-Szenario aus, 'mit einem Ausgangsbestand an digitalem Zentralbankgeld im Umfang von 30% des BIP, das gegen einen gleichen Betrag an Staatsanleihen herausgegeben wird und, bei konjunkturzyklischer Readaption, auf diesem Niveau gehalten wird. Die 30% werden zugrunde gelegt, weil dies in etwa der Größenordnung entspricht, in der wichtige Zentralbanken im letzten Jahrzehnt Quantitative Easing betrieben haben'.[9] Eine Simulation mittels des DSGE Modells der Autoren ergibt, dass die Einführung von digitalem Vollgeld in diesem Umfang 'eine bleibende Erhöhung des BIP um 3% bewirken könnte, zurückzuführen auf eine allgemeine Herabsetzung des Zinsniveaus, der Steuerlast sowie monetärer Transaktionskosten. Eine kontrazyklische Mengen- oder Preispolitik, als geldpolitischen Instrumenten der Emission von digitalem Vollgeld, könnte erheblich die Fähigkeit einer Zentralbank verbessern, Wirtschaftszyklen zu stabilisieren'.[10]

Dass digitales Zentralbankgeld verzinst werden soll, unterstreiche nach Aussage der Autoren den Bargeld-Charakter des digitalen Vollgelds. Frühe Banknoten des späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert waren ebenfalls zinstragend. Das Digitalgeld der Zentralbank würde ausschließlich durch Ankauf von Staatsanleihen am offenen Markt herausgegeben. Das Ausmaß, zu dem digitales Zentralbankgeld in Umlauf gelangt, kann so unter Kontrolle behalten werden. Einer hypothetisch unterstellten Erdrutschbewegung vom Giralgeld der Banken zum digitalen Vollgeld der Zentralbank könne so vorgebeugt werden. Die Regierung würde die Anleihen bei Fälligkeit bei der Zentralbank tilgen, aber das digitale Vollgeld bliebe weiter in Umlauf, jedenfalls so lange bis es im Zuge von Zahlungen an die Zentralbank zurückfließen würde (wodurch Zentralbank-Verbindlichkeiten in gleicher Höhe gelöscht werden).

Der Mechanismus der Ausgabe und Löschung von digitalem Zentralbankgeld bei Barrdear/Kumhof folgt weiter dem bisherigen Prinzip, Zentralbankgeld als Kreditgeld zu schöpfen und zu verbuchen. Das fortschrittlichere Konzept, Zentralbankgeld (= Vollgeld) bilanziell wie Münzen zu behandeln, das Kumhof an anderer Stelle vertritt, wird hier also noch nicht angewendet. Warum aber soll Vollgeld weiterhin durch ein aktivisches Kollateral 'besichert' werden? Warum sollte Zentralbankgeld, statt es als Verbindlichkeit zu buchen, nicht als eine spezielle Art von Eigenkapital verbucht werden, i.S. des monetären Eigenkapitals der Nation? Wie die Autoren selbst bemerken, beinhaltet ihr Plan eine gewisse direkte Verknüpfung von Geld- und Fiskalpolitik. Das ist ein problematisches Element. Würde man digitales Vollgeld sinngemäß wie Münzen verbuchen, gäbe es diese Verknüpfung nicht.

Eine andere Frage mit Blick auf das Verhältnis von digitalem Vollgeld zu Giralgeld besteht darin, ob hier eine Art Gresham'sches Gesetz wieder aktuell würde, also die Frage, ob die eine Art Geld der anderen Art Geld vorgezogen und eine der beiden Geldarten tendenziell aus dem Verkehr getrieben würde. Diese Frage wird im nächsten Abschnitt wieder aufgegriffen. 

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Vollgeldkonten als alternative Option zu Girokonten

In einigen der Arbeitspapiere zu 'elektronischem' oder 'digitalem' Zentralbankgeld bleibt es unklar, ob es sich dabei um Guthaben in einer digitalen Brieftasche handeln soll, oder um Zentralbank-Reserven auf einem Bankkonto, oder womöglich um 'E-Cash' auf einem mobilen Geldspeicher, der sich auf ein Zentralbankguthaben bezieht. Zum Beispiel wurde die Fedcoin-Idee als 'Fedwire for all' charakterisiert, also als Zugang zum bestehenden Zentralbank-Zahlungssystem. Zum digitalen Zentralbankgeld wurde gesagt, es benötige nicht unbedingt ein dezentrales Blockchain-Journal (distributed ledger). Anscheinend sind da doch noch einige Einzelheiten zu klären.

Unabhängig davon ist es in der Tat so, dass der erwünschte Effekt von digitalem Vollgeld auch erreicht werden kann, indem eine neue Art von Bankkonto eingeführt wird – ein Vollgeldkonto, oder kurz Geldkonto – als alternative Option zu den bestehenden Girokonten mit Giralgeld.[11] Geldkonten würden Nichtbanken (Firmen, Haushalten, öffentlichen Haushalten und Finanzinstituten die selbst keine Banken sind) die Möglichkeit eröffnen, ihr Geld auch in Form von Zentralbank-Reserven auf Geldkonten zu halten, anstatt in Form von Giralgeld auf Girokonten. Nur Banken und einige Regierungsstellen haben gegenwärtig diese Möglichkeit. Geldkonten sind zugleich eine Antwort auf den Ruf nach sicheren Konten, der mit jeder Bankenkrise wiederkehrt.

Geldkonten könnten durchaus von Banken gemanagt werden oder auch von anderen Zahlungsdiensteleistern. Das Geld würde von diesen in separaten Zentralbankkonten geführt, zum Beispiel in Form eines Sammelkontos für Kunden-Transaktionen. Dieses Sammelkonto hätte eine eigene Adresse (Nummer) im betreffenden computerisierten Zahlungssystem, sodass Geld direkt von Geldkonto zu Geldkonto, also von Kunde zu Kunde, übertragen werden kann, ohne die monetäre Vermittlung einer Bank. Von daher kann und sollten Geldkonten außerhalb einer Bankbilanz geführt werden, getrennt von den Eigenmitteln der betreffenden Banken oder anderen Zahlungsdiensteleistern, sinngemäß analog zu Wertpapierkonten, die Banken oder nicht-monetäre Finanzinstitute für ihre Kunden führen, ohne selbst in die Wertpapierkonten ihrer Kunden bilanziell verstrickt zu sein.

Das Vollgeld auf einem Geldkonto wäre damit das sichere Eigentum der Kunden, und es wäre weder Aktivum noch Verbindlichkeit einer Bank oder eines anderen Zahlungsdiensteleisters. Man kann unter diesem Aspekt die Geldkonten auch als Trennkonten bezeichnen, weil sie die Kundenmittel und die Eigenmittel einer Bank getrennt voneinander halten – was im bestehenden Giralgeldregime unmöglich ist.[12]

DieNicht-Trennung von Kunden- und Eigenmitteln ist ein Kernelement des bestehenden Giralgeldregimes auf Grundlage fraktionalen Reservebankings. Mit Einführung der Option von Geldkonten wäre der zweigeteilte Geldkreislauf dieses Systems zwar immer noch vorhanden (der Split zwischen dem Interbankenkreislauf mit Reserven und dem Publikumskreislauf mit Giralgeld), aber die Kunden hätten ab dann die Wahl zwischen Bankengeld (Giralgeld) und Zentralbankgeld (= Reserven = Vollgeld). Heute haben nur einige staatliche Stellen diese Wahl. Mit der Einführung von Geldkonten könnten alle Nichtbanken, das Publikum in seiner Breite, beide Arten von Konto führen.       

Geldkonten anzubieten könnte für die Anbieter optional oder verpflichtend sein. Sobald ein solches Angebot vorhanden wäre, würden viele Kunden nicht zögern, davon Gebrauch zu machen. Nicht-monetäre Finanzinstitute, Unternehmen und Haushalte würden sich für eine der beiden oder beide Arten von Konto entscheiden. Indirekte Transfers zwischen Geldkonten und Girokonten wären möglich, und zwar in der gleichen Weise wie heute Reserven (Vollgeld) von einem Regierungskonto bei der Zentralbank auf ein Kundengirokonto bei einer Bank übertragen werden, indem die betreffende Bank die Reserven erhält und dem Kunden eine Gutschrift auf Girokonto ausstellt. Umgekehrt funktioniert die Übertragung, indem der betreffende Giralgeldbetrag des Kunden als Bank-Verbindlichkeit gelöscht und der Betrag in Reserven vom Zentralbankkonto der zahlenden Bank auf das Zentralbankkonto der Regierung überwiesen wird.      

Das Zentralbankgeld für die Geldkonten würde in Umlauf kommen, indem Regierungsstellen oder Banken Zahlungen an Kunden auf Geldkonten der Kunden leisten. Die Regierung würde das Geld in der gleichen Weise wie heute einnehmen, indem sie Zahlungen von bzw über Banken in Reserven erhält. Die Banken selbst würden die Reserven weiterhin von der Zentralbank und anderen Banken erhalten, zusätzlich dann auch durch Überweisungen von den neuen Geldkonten.    

Der gleichzeitige Betrieb von Girokonten und Geldkonten parallel nebeneinander und in wechselseitiger Übertragung von Guthaben stellt im Prinzip kein Problem dar. Für die Banken würde sich weder ein Nachteil noch ein zusätzlicher Vorteil ergeben (anders als beim Helikoptergeld, wie unten noch erläutert, durch das den Banken in großem Umfang Gratis-Reserven zufließen). Zahlungen zwischen Kunden-Geldkonten sind für die Banken neutral. Sie müssten keine eigenen Reserven aufwenden, noch würden sie welche erhalten.

Bei Zahlung von einem Geldkonto auf ein Girokonto erhält die Bank des Empfängers die Reserven und der Empfänger eine gleich hohe Girogutschrift.  Über die so erhaltenen Reserven kann eine Bank faktisch jedoch nicht nach Belieben verfügen, weil sie diese Reserven benötigt, um ihrerseits Zahlungen in umgekehrter Richtung auszuführen, wenn Guthaben von Girokonten auf Geldkonten übertragen werden sollen. Im Ergebnis aller laufenden Ein- und Auszahlungen sind größere Überschüsse bzw Defizite unwahrscheinlich; und sollten sie einmal auftreten, können sie durch den Interbanken-Geldmarkt ausgeglichen werden.

Auf diese Weise könnten Geldkonten der Einstieg in einen schrittweisen Übergang vom gegenwärtigen Giralgeldregime zu einem Vollgeldsystem sein, in Abhängigkeit von den Präferenzen der Geldbenutzer. Je mehr Geldkonten sich verbreiten würden, desto größer wäre die Verschiebung der Zahlungsvolumina von Girokonten zu Geldkonten. Dementsprechend würde der extrem geringe Bruchteil, zu dem Banken sich heute noch refinanzieren müssen, ansteigen.   

Dies wiederum würde höhere, obschon unter allen Banken verteilte Finanzierungskosten für den Bankensektor mit sich bringen. Die tatsächlichen Kosten wären so hoch als würden die Leute wieder vermehrt bar statt bargeldlos per Girokonto zu bezahlen.  Um 1900 hatten die Banken keinerlei Problem mit einem Bargeld-Giralgeld-Verhältnis von etwa 60:40. Bis in die 1950–60er lag das Verhältnis immer noch bei etwa 50:50. Heute aber liegt das Verhältnis in der Eurozone statistisch bei unter 20:80. Warum also sollte es dem Bankensektor Probleme bereiten, läge das Vollgeld-Giralgeld-Verhältnis wieder näher bei 50:50?    

Bei Einführung von Geldkonten könnte man auf den ersten Blick mit einer erdrutschartigen Verschiebung von Girokonten zu Geldkonten rechnen. Jedoch wirft ein Nebeneinander von Giro- und Geldkonten die Frage nach Gresham's Gesetz wieder auf. Im Hinblick auf traditionale Münzwährungen besagt dieses Gesetz, dass 'schlechtes Geld' (etwa den Silbergehalt von Münzen betreffend) 'gutes Geld' aus dem Umlauf verdrängte, weil die Leute versuchten, 'schlechtes Geld' möglichst schnell wieder auszugebenm 'gutes' Silber- und Goldmünzen aber für sich zu behalten.     

Was die Sicherheit des modernen Geldes angeht, ist Giralgeld das schlechtere Geld im Vergleich zum Zentralbankgeld (= Geld erster Ordnung = gesetzliches Zahlungsmittel = Vollgeld). Folglich könnten die Leute versuchen, auf ein Geldkonto bezahlt zu werden, aber eigene Zahlungen von einem Girokonto vorzunehmen. Andererseits könnte ein Geldkonto ein wenig mehr kosten als ein Girokonto. Die Sicherheit des Geldes ist nur in Krisenzeiten ein virulentes Thema, während die Leute in normalen Zeiten mehr auf die Kosten des Geldverkehrs achten.  

Aufgrund des Kostenthemas und der Gresham Situation ist nicht damit zu rechnen, die Option von Geldkonten werde automatisch zu einer Massenmigration von Giro- zu Geldkonten führen. Dies macht zugleich ein anderes Bedenken gegenstandslos, der Bankensektor könnte bei einer erdrutschartigen Kontenverschiebung nicht genug akzeptable Sicherheiten stellen, um die zusätzlichen Mittel aufzunehmen. 

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Zentralbankkonten für alle?          

Ein noch einfacherer Ansatz als Trennkonten ist die Forderung nach einem 'Zentralbankkonto für alle' wie zum Beispiel bei Schemmann oder Andresen.[13] Gocht, als ehemaliges Mitglied im Bundesbank-Direktorium, schlug 1975 vor, alle regulären Zahlungen dem damaligen Postgiroamt zu übertragen. Damit sollte das Konten- und Zahlungsmanagement der Banken von ihren Darlehens- und Investmentgeschäften getrennt werden.[14]

Der Vorschlag klingt plausible, aber die meisten Postgiroämter gibt es nicht mehr. Sie sind von der Geschäftsbankenindustrie absorbiert worden, oder vom verbesserten Giro- und Zahlungssystem der Banken eingedämmt worden, oder litten auch unter dem Image als 'Arme Leute Bank', weil ein beträchtlicher Teil ihrer Kunden aus Empfängern von Sozialtransfers bestand. Wie dem auch sei, die Zentralbanken müssten eine betreffende Infrastruktur heute mit großem Aufwand von Grund auf neu aufbauen, während die Banken große Sach­kapital­entwertungen zu tragen hätten und einschlägig Beschäftigte entlassen müssten.      

Davon einmal abgesehen kann man auch fragen, ob das Massenmanagement von Konten wirklich eine Aufgabe für die nationale Geldbehörde ist. Eine Reihe von Unternehmen, die im Verlauf der Banken- und Schuldenkrise um die Sicherheit ihres Giralgeldes besorgt waren, wollten bei der Zentralbank Konten eröffnen, wurden jedoch abgewiesen, in einigen Fällen auch durch Gerichtsurteil. Die Zentralbanken verstehen sich heute in erster Linie als Bank der Banken (was durchaus kritisch zu sehen ist, denn sie sollten Währungshüter, nicht Bankendiener sein). Dass sie mit dem Nichtbanken-Publikum keine Geschäfte mehr machen, ist gleichwohl verständlich. Konten für Firmen, private und auch öffentliche Haushalte können ohne weiteres von den Banken und anderen Finanzdienstleistern geführt werden, insbesondere dann auch, wie oben beschrieben, in Form von getrennten Vollgeldkonten von Kunden, als Unterkonten oder zusätzliche Konten einer Bank oder eines anderen Zahlungsdiensteleisters bei der Zentralbank, aber gemanagt von letzteren im Rahmen ihres Zugangs zum Zentralbank-Zahlungssystem. 

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Mobiler Gebrauch von Geldkonten

Vollgeld kann als Kontogeld, im Prinzip auch als digitales Geld, mit verschiedenen Überweisungsverfahren gekoppelt werden, zum Beispiel Kreditkarten, auch sog. Cash Karten oder E-Cash Karten (was dasselbe ist), ebenso mit entsprechenden in Mobiltelephonen implementierten Funktionen (berührungslos bezahlen). Die Auslösung eines Bezahlvorgangs durch solche Verfahren führt zur Überweisung von Kontoguthaben, heute Giralgeld von einem Girokonto zu einem anderen.  Die Bezeichnung 'cash' oder 'e-cash' ist von daher irreführend, denn auf den Karten oder Handys befindet sich weder Bargeld noch Buchgeld. Stattdessen liefern oder vermitteln diese Datenträger Informationen über das Guthaben auf betreffenden Girokonten, woraufhin das betreffende Konto belastet und der Betrag zu einem Empfängerkonto überwiesen wird. Selbst wenn ein bestimmtes Guthaben geladen wird,  kommt dieses nicht auf den Magnetstreifen oder Chip, sondern es wird vom individuellen Girokonto auf ein E-Cash-Sammelkonto bei der Bank übertragen, von wo aus ein Betrag überwiesen wird wenn der Kunden 'zahlt' – richtiger, wenn der Kunde durch den Kartengebrauch eine Giroüberweisung auslöst.

Guthaben auf Vollgeldkonten ließen sich gleich oder ähnlich handhaben. Auf den Karten oder Handys selbst würde sich kein Geld befinden, sondern Informationen über Kontostand und Software zur Auslösung von Überweisungen. Sinngemäß gleiches würde für digitale Brieftaschen gelten. Jedoch, und im fundamentalen Unterschied zum Reserven-vermittelten Giralgeldverkehr, würden die Übertragungen zwischen Geldkonten bzw digitalen Brieftaschen direkt erfolgen, ohne dass Eigenmittel der Zahlungsdiensteleister monetär vermittelnd im Spiel wären. 

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Helikoptergeld

Helikoptergeld ist auch als QE4P (Quantitative Easing for People) und auch als monetäre Staatsfinanzierung bekannt.[15] Die unterschiedlichen Bezeichnungen haben die gleiche Bedeutung, nämlich direkte Finanzierung von Staatsausgaben durch die Zentralbank. Helikoptergeld wird oft als ein erster Schritt einer Geldreform missverstanden. Dem ist schon alleine deshalb nicht so, weil es sich bei Helikoptergeld nicht darum handelt, unbares Zentralbankgeld (Reserven) in den öffentlichen Zahlungsverkehr unter Nichtbanken einzuführen. Stattdessen würde Helikoptergeld zu einer permanenten Verquickung von monetärer und fiskalischer Verantwortung führen.

Das heutige Geldregime ist nicht länger durch Bargeld bestimmt wie das zum Beispiel noch mit den sog. Greenbacks der Fall war, den staatlichen Banknoten der US Regierung im 19. Jahrhundert, die in eisenbeschlagenen Kisten übers Land befördert wurden. Wenn dagegen die Regierung im heutigen Giralgeldregime Geld ausgibt, so fließt dieses von ihrem Zentralbankkonto auf das Zentralbankkonto der Bank der Zahlungsempfänger. Diese bekommen aber nur eine Girogutschrift, während die Bank das Zentralbankgeld (= Reserven = Vollgeld) für sich behält – und sie dieses Geld somit gratis einnimmt. Die Banken sind so gesehen Trittbrettfahrer in diesem Arrangement. Je umfangreicher Quantitative Easing und speziell auch monetäre Staatsfinanzierung stattfindet, desto weniger müssen sich die Banken überhaupt noch refinanzieren und die Kosten dafür aufbringen. Wenn dann auch noch das traditionale Münz- und Papiergeld ausgeschleust wird, das zwar nicht mehr viel ist, das die Banken aber immer noch zu 100% refinanzieren müssen, wären die Banken von den Zentralbanken im Normalbetrieb so gut wie unabhängig – und das geldpolitische Instrumentarium, das im Giralgeldregime ohnedies nur noch schwach wirksam ist, wäre vollends wirkungslos.

Helikoptergeld könnte in gewissem Umfang durchaus als Maßnahme wirtschaftspolitischer Stimulierung nützlich sein, vor allem dort wo ein ausgeprägter Mangel an effektiver Nachfrage besteht. Aber um einen ersten Schritt zu einer Vollgeldreform handelt es sich nicht, weil dadurch keine Vollgeld-Zirkulation im öffentlichen Geldverkehr begründet wird und der gesplittete Geldkreislauf (Interbankenkreislauf mit Reserven einerseits und Publikums- oder Nichtbankenkreislauf mit Giralgeld andererseits) völlig unverändert bestehen bleibt. Davon abgesehen ist die Zulässigkeit von direktem Helikoptergeld nach geltendem EU-Recht strittig (Art. 123 (1) Lissabonvertrag). Das stellt eine Hürde dar, für deren Ausräumung sich wohl kaum jener politische Wille mobilisieren lässt, der zur Ignorierung der (in der Tat fragwürdigen) Maastricht-Kriterien geführt hat sowie zur handstreichartigen faktischen Außerkraftsetzung des No-Bailout-Gebots nach Art 125 (1) Lissabonvertrag. 

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Sicheres Giralgeld durch eine freiwillige 100%-Reserve

Im Zuge der Bankenkrise 2008–12 machten sich viele Firmen und Haushalte zunehmend Sorgen um ihr Giralgeld. Das brachte manchen auf die Idee, Bankeinlagen auf freiwilliger Basis durch eine 100%-Reservendeckung zu schützen.[16] Gut abgesichertes Giralgeld wäre damit gewährleistet. Dennoch ist die erfolgreiche Umsetzung der Idee und die Entstehung eines diesbezüglichen 100%-Reservekreislaufs ziemlich unwahrscheinlich.

Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, angefangen bei dem Sachverhalt, dass eine 100%-Reserve anstelle der jetzigen 1% Mindestreserve, ein recht teurer Spaß wäre. Eine Bank, die hier Vorreiter sein wollte, müsste erhebliche Nachteile im Kostenwettbewerb hinnehmen. Am Ende hätten die betreffenden Kunden die hohen Extrakosten zu tragen. Dazu sind die meisten Bankkunden wohl kaum bereit. Von daher erscheint die Idee nur als ein weiterer 'sicherer Hafen' nur für die Vermögenden.

Darüber hinaus wäre es in einem gemischten Setting von freiwilliger 100%-Reserve und ansonsten weiterbestehendem fraktionalem Reservebanking praktisch ausgeschlossen, sicherzustellen, dass die Reserven, die mit einer Bezahlung übertragen werden, dem Giroguthaben des Empfängers fest zugeordnet bleiben, umso mehr unter den gegebenen Buchungs- und Bilanzierungsbedingungen der Nicht-Trennung von Kundenmitteln und Eigenmitteln einer Bank.[17] Im Vergleich zu einem 100%-Banking sind die Ansätze zu einem digitalen Zentralbankgeld und zu getrennten Geldkonten deutlich vorzuziehen. 

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Abschließende Feststellungen

Digitales Zentralbankgeld und getrennte Geldkonten können einen im Prinzip vielversprechenden Beitrag zu einer Modernisierung des Geldwesens leisten, und sie könnten sich als entscheidende Schrittmacher dafür erweisen, die Rolle des Zentralbankgeldes (Vollgeldes) wieder auszuweiten, die heute bestimmende Dominanz des Bankengeldes (Giralgeldes) zurückzuführen, und einem allgemeinen Takeoff von privaten Digitalwährungen vorzubeugen.

Jedoch ist ein solches Ergebnis alles andere als selbstverständlich. Vielleicht tragen digitales Zentralbankgeld und Geldkonten nur dazu, das bestehende Giralgeldregime der Banken zu stabilisieren und dadurch zu stärken. Gleichwohl sollten sich die beiden Alternativen als positive Faktoren im Gesamtbild erweisen, indem sie zur Sicherheit des Geldes und, obschon in Grenzen, zu einer erhöhten Wirksamkeit der Geldpolitik beitragen können.

Ungeachtet dessen sei abschließend gesagt, dass alle diese Betrachtungen keineswegs bedeuten sollen, die Einführung von Zentralbankgeld in der allgemeinen Zirkulation parallel zu Giralgeld sei der leichtere und bessere Weg zu einer umfassenden Vollgeldreform, die das Giralgeldprivileg der Banken in gänze beenden würde. Selbst wenn letzteres zu einem bestimmten Stichtag geschehen würde, wäre die nachfolgende Ausschleusung des Giralgelds doch ein gradueller Prozess über etliche Jahre hinweg. Im Hinblick auf das Parallel-Szenario ebenso wie das Stichtags-Szenario sind die politischen, finanziellen und technischen Diskussionen und Interessenskollisionen unvermeidlicherweise die gleichen. Zudem wird eine Ausbreitung von digitalem Zentralbankgeld und Geldkonten parallel zum Bankengiralgeld nicht per se die Probleme und Dysfunktionen des letzteren aus der Welt schaffen. So bleibt das Stichtags-Szenario einer umfassenden Vollgeldreform letztlich doch der stimmigere Ansatz. Andererseits wird man sich pragmatischen Abwägungen zwischen dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach nicht doktrinär verschließen.

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Literatur

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Tobin, James. 1987. The Case for Preserving Regulatory Distinctions, in: Restructuring the Financial System, Federal Reserve Bank of Kansas City, 1987, 167–183.

Turner, Adair. 2016. Between Debt and the Devil, Princeton University Press.

Wortmann, Edgar. 2017. Radical Monetary Reform, Amsterdam: Ons Geld.

Yamaguchi, Kaoru/Yamaguchi, Yokei. 2016. Peer-to-Peer Public Money System, Japan Futures Research Center, Working Paper No. 02-2016, Nov 2016. 

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Endnoten

[1] Kontogeld (im Unterschied zu Bargeld) = Geldguthaben auf einem Konto, sei es bei einer Bank oder der Zentralbank.

Giralgeld = Sichteinlagen oder Sichtdepositen auf Girokonten = Guthaben auf Girokonten für den bargeldlosen Zahlungsverkehr von Nichtbanken. Sichtdepositen sind liquides oder aktives Giralgeld, im Unterschied zu Spar- und Termineinlagen, bei denen es sich um temporär deaktiviertes Giralgeld handelt.

'Reserven' ist der Fachausdruck für unbares Zentralbankgeld auf den Konten der Banken bei der Zentralbank. Reserven fließen nur im Zahlungsverkehr unter Banken, wobei aber auch staatliche Stellen noch Zahlungskonten bei der Zentralbank führen.  Giralgeld dagegen fließt nur im allgemeinen öffentlichen Zahlungsverkehr unter Nichtbanken, wobei wiederum auch staatliche Stellen Girokonten bei Banken unterhalten. Nichtbanken sind Firmen, private Haushalte, andere private Institutionen sowie auch andere öffentliche Institutionen. Obwohl staatliche Stellen Zahlungskonten bei der Zentralbank unterhalten, handelt es sich um Nichtbanken. 

In dem Maß wie die Zentralbanken heute zu nationalen Geldbehörden geworden sind, ist Zentralbankgeld Vollgeld, das heißt, unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel, herausgegeben von der speziell dazu autorisierten Behörde, zumeist eben in Gestalt der Zentralbank.

[2] Buiter 2009, Rogoff 2014. Larry Summers beim IWF Wirtschaftsforum am 8 Nov 2013, Rede auf www.you­tube.com/watch?v=KYpVzBbQIX0. Zur Kritik der zunehmenden Einschränkung und tendenziellen Abschaffung des Bargelds siehe Häring 2016.

[3] Siehe Higgins 2015, ebenso Ali/Barrdear/Clews/Southgate 2014a+b.

[4] Andolfatto 2015.

[5] BIS 2015, Broadbent 2016, Barrdear/Kumhof 2016, South China Morning Post 2016. 

[6] Peter Levring at Bloomberg, 11 Dec 2016, www.bloomberg.com/news/articles/2016-12-11/blockchain-lures-central-banks-as-danes-consider-minting-e-krone.

[7] Yamaguchi/Yamaguchi 2016, Wortmann 2016, Dyson/Hodgson 2016, Huber 2014 #ecash.

[8] Systeme mit einer hohen Transaktionskapazität gibt es bereits, zum Beispiel in verschiedenen offiziellen Verrechnungs- und Zahlungssystemen, bei großen Bahn- und Flugkonzernen, Telekommunikations- und Internetkonzernen.

[9] Quantitative Easing = Monetisierung von Schulden in Form des Ankaufs von Staatsanleihen und ggf anderen Wertpapieren, um so die bisherigen Halter der Wertpapiere mit frischem Geld zu versorgen. Monetisierung = neues Geld schöpfen gegen Kauf oder Hinterlegung von 'Sicherheiten', sprich Schuldenpapieren.

[10] Barrdear and Kumhof 2016 3–18.

[11] I habe Vollgeldkonten getrennt von den Eigenmitteln einer Bank und gemanagt außerhalb der Bankbilanz, zuerst in Verbindung mit Ansätzen einer monetären Finanzierung von Staatsausgaben vorgeschlagen, mit dem Argument, dass solche Ansätze erst dadurch eine wirkliche geldreformerische Relevanz bekommen (Huber 2014 #offbalance). Die gleiche Funktion erfüllt natürlich auch die Einführung von digitalem Zentralbankgeld.

[12] Cf. Dyson/Hodgson 2016. Dieser Vorschlag konvergiert in seinen Grundzügen mit dem hier vorgebrachten Vorschlag von getrennten Geldkonten. Das Papier behandelt ebenso die Wünschbarkeit von elektronischem oder digitalem Zentralbankgeld, ohne jedoch schon klare Unterscheidungen vorzunehmen.

[13] Schemmann 2012, Andresen 2014.  

[14] Gocht 1975 pp.81.

[15] Siehe www.qe4people.eu; Turner 2016 pp.218.  

[16] Mayer 2013a+b, Gudehus 2015.

[17] On the shortcomings and cost disadvantage of 100% banking, cf. www.sovereignmoney.eu/ 100-per-cent-reserve-chicago-plan 

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